Seit dem 9. April 2025 ist er endlich da, der Koalitionsvertrag der drei künftigen Regierungsparteien CDU, CSU und SPD. Was für das Bau- und Architektenrecht von Bedeutung ist, beleuchten nachfolgend Rechtsanwältin Julia Reumann und Rechtsanwältin Elena Maria Huber.
HOAI-Novelle – Gehen Architekten und Ingenieure wieder leer aus?
Sieht man sich den Koalitionsvertrag an, so fällt auf, dass dieser überraschenderweise kein einziges Wort zur Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) verliert. Gerade vor dem Hintergrund laufender Debatten zur Anpassung der Planerhonorare wirft dieses Schweigen Fragen auf.
So sah die Ampel-Regierung in ihrem Koalitionsvertrag noch vor, die schon lange nicht mehr kostendeckenden Honorartafeln an die gestiegenen Kosten anzupassen. Wurde dieses Vorhaben nun etwa aufgegeben?
Das Novellierungsverfahren befand sich bereits in vollem Gange. So veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 25.03.2025 bereits das zweite Gutachten zur Überarbeitung der HOAI, welches u.a. eine Anpassung der Honorarwerte der Honorartafeln und eine Anpassung der prozentualen Bewertungen der Leistungsphasen thematisierte und an das sich unmittelbar das Verordnungsgebungsverfahren anschließen sollte.
Aufgrund der Neuwahlen und der damit einhergehenden Neubildung der Bundesregierung konnte jedoch der ursprüngliche Zeitplan eines Kabinetttermins im Frühjahr 2025 sowie eines Bundesratsbeschlusses vor der Sommerpause 2025 nicht eingehalten werden. Abgesehen davon soll der Wechsel der Bundesregierung die geplante HOAI-Novellierung jedoch nicht beeinträchtigen. Da mit den beiden erstellten Gutachten bereits eine sehr fundierte Grundlage für die HOAI-Novelle durch die neue Bundesregierung vorliegt, rechnet man derzeit mit einem Abschluss des Novellierungsverfahrens in der zweiten Jahreshälfte, so Frau Dr. Elga Bartsch (Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik des BMWK).
Erleichterung im Bau? – Das Gebäudetyp-E-Gesetz
Auch eine Vereinfachung der Baustandards will die neue Regierung weiterverfolgen und damit insbesondere den Wohnungsbau beschleunigen. Im Koalitionsvertrag heißt es hierzu jedoch lediglich: „Baustandards werden vereinfacht und der Gebäudetyp E abgesichert.“ und „Das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik stellt künftig keinen Mangel mehr dar“.
Die interessante Frage, ob der vielfach kritisierte Entwurf des bisherigen Gebäudetyp-E-Gesetzes noch angepasst wird, lässt die zukünftige Regierung jedoch offen. Mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz soll das Bauen einfacher, günstiger und schneller werden. Hierzu stellt der § 650a Abs. 3 BGB-E die Vermutungsregel auf, dass bautechnische Normungen, die ausschließlich Komfort- oder Ausstattungsmerkmale betreffen, keine anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) sind. Diese Vorschrift sieht sich jedoch zu Recht zahlreichen kritischen Stimmen gegenüber, insbesondere werden sie als wenig praxistauglich eingeordnet, da sich Auftragnehmer nach dieser geplanten gesetzlichen Umsetzung in ein erhebliches und kaum beherrschbares Haftungsrisiko begeben.
Auch der in diesem Zuge geplante § 650o BGB-E, der in seinem Abs. 3 festlegt, dass ein bloßes Abweichen von den aaRdT nicht mehr als Sachmangel eingeordnet wird, wird vielfach kritisiert. Auch diese Regelung wird in der derzeitigen Fassung letztlich in der Praxis leerlaufen. Denn die Vorschrift setzt voraus, dass die Parteien des Bauvertrags keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben. Da die aaRdT in der Regel jedoch stillschweigend zur Beschaffenheitsvereinbarung werden, käme die Regelung des § 650o Abs. 3 BGB-E nur bei ausdrücklicher Abweichung zum Tragen – ein seltener Ausnahmefall.
Zusammengefasst lässt der Koalitionsvertrag folglich wenig Hoffnung, dass die neue Regierung dem Gebäudetyp-E-Gesetz als Baustein für ein einfacheres und schnelleres Bauen noch zum Erfolg verhilft.
Bei Fragen stehen Ihnen Rechtsanwältin Julia Reumann und Rechtsanwältin Elena Maria Huber sowie das gesamte Team der Praxisgruppe Real Estate gerne zur Verfügung.
Julia Reumann Elena Maria Huber
Rechtsanwältin, Partnerin Rechtsanwältin