Mit seinem Urteil vom 01. Oktober 2019 hat der Europäische Gerichtshof die elektronische Privatsphäre maßgeblich gestärkt. In der Sache ging es um die Zulässigkeit der Nutzung voreingestellter Ankreuzkästchen zur Nutzung von Cookies. Das Gericht stützt seine Bewertung maßgeblich auf die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation sowie auf die Datenschutz-Grundverordnung und kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass sowohl nach „altem“ als auch nach „neuem“ Datenschutzrecht voreingestellte Ankreuzkästchen einer wirksamen Einwilligung entgegenstehen und daher rechtswidrig sind. Wichtiger als diese wenigstens nach „neuem“ Recht relativ eindeutige Feststellung sind indes verschiedene Aspekte, die der Gerichtshof gleichsam „am Rande“ erwähnt:
Zum einen lassen die Luxemburger Richter Zweifel an der Freiwilligkeit einer Einwilligung in die Datennutzung erkennen, wenn ein Nutzer bestimmte Online-Angebote nur dann nutzen kann, wenn er zuvor in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zu Werbezwecken einwilligt. Zum anderen gelangt der Gerichtshof über eine Gesamtschau der einschlägigen Gesetze zu dem Ergebnis, dass die im Endgerät des Nutzers einer Website gespeicherten oder abgerufenen Informationen auch dann geschützt sind, wenn es sich nicht um personenbezogene Daten handelt. Schließlich stellt der EuGH auch klar, dass Angaben zur Funktionsdauer der Cookies und dazu, ob Dritte Zugriff auf die Cookies erhalten können, zu den Informationen zählen, die der Diensteanbieter dem Nutzer einer Website zu geben hat.
Das Urteil stärkt die datenschutzrechtliche Einwilligung als zentrales Steuerungselement der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung, sodass in der Praxis entsprechend nachgesteuert werden muss. Dabei sollte sicherheitshalber nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Urteil nur auf Werbetracking-Cookies, nicht aber auf reine Funktions-Cookies bezieht. Mit Interesse wird auch zu beobachten sein, welche Effekte das Urteil auf die Diskussion um die E-Privacy-Verordnung haben wird. Wer weiterhin Cookies einsetzen will, muss im Lichte der Entscheidung des EuGH nunmehr prüfen, ob den rechtlichen Anforderungen Genüge getan wird.
Prof. Dr. Dr. Tade Spranger ist Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Recht. Er steht Ihnen bei Fragen rund um den Datenschutz gerne zur Verfügung.