Am lauen Sommerabend radelt der Anwalt auf dem Heimweg am Alten Botanischen Garten in München vorbei. Es riecht süßlich, offenkundig Cannabis-Rauch, und er überlegt: Hm, und wie ist das im Betrieb?
Erste Antwort an sich selbst: Ist ja auch nur eine Form von Rauchen, also genau gleich zu behandeln wie das Rauchen am Arbeitsplatz. Beim zweiten Überlegen: Hat aber auch was von Alkoholkonsum, da es berauscht, also doch eher so zu handhaben wie Alkohol im Betrieb?
Zuletzt: Ist das jetzt nicht alles legalisiert?
Und wie sieht es mit Cannabis-Konsum im Home-Office aus, also nicht im Betrieb?
Vieles ist inzwischen gesetzlich geregelt:
- Bei Arbeitgebern, die (junge) Auszubildende beschäftigen, hilft unmittelbar das Konsumcannabisgesetz (KCanG):
§ 5 Konsumverbot(1) Der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist verboten.
Glasklar besteht ein Konsumverbot (auch ohne Anweisung) daher in Betrieben, die Minderjährige beschäftigen.
- Vom Tabakrauchen kennt man die Regelung in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV):
§ 5 Nichtraucherschutz(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauche und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.
(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsräumen der Natur des Betriebes entsprechende und der Art der Beschäftigung angepasste technische oder organisatorische Maßnahmen nach Absatz 1 zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten zu treffen.
Achtung: Zur Umsetzung braucht es Anordnungen des Arbeitgebers; in Betrieben mit Betriebsrat unter seiner Mitwirkung.
- Nicht zu vergessen die Unfallverhütungsvorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung, die die Arbeitnehmer als Versicherte unmittelbar verpflichten (DGUV Vorschrift 1):
§ 15 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten(2) Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.
Wegen der allein oder in Kombination mit Alkohol bestehenden (vom Raucher gewollten!) berauschenden Wirkung ergibt sich auch hieraus ein direktes Konsumverbot für alle Arbeitsplätze, an denen mit potentiell gefährlichen Einrichtungen oder Geräten gearbeitet wird.
- Am Arbeitsplatz hat der Arbeitgeber in der Regel ein Hausrecht, auf dessen Grundlage er den Konsum von Cannabis verbieten darf. In Betrieben mit Betriebsrat wird die Ausübung des Hausrechts über die vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen hinaus in Zweifel zu Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat führen (die es zum Nichtraucherschutz bereits seit vielen Jahren gibt, und die im Zweifel hinsichtlich Cannabis klargestellt werden müssen).
- Und nicht zuletzt gilt das allgemeine Arbeitsrecht: Jeder Arbeitnehmer ist gehalten (am Arbeitsplatz ebenso wie im Home-Office), seine Arbeit in einem Zustand zu verrichten, in dem eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sichergestellt, und die Gefährdung von Kollegen, Anderen, Arbeitsmitteln und Arbeitsergebnissen ausgeschlossen ist. Dies verbietet bereits dem Grunde nach Alkohol- und sonstigen Drogenkonsum während der Arbeit, aber auch den Antritt der Arbeit mit relevantem „Rest-Pegel“.
Fazit: Arbeiten also gerne wie im Rausch, aber nicht im Rausch.
Komische Gedanken, die man sich als Arbeitsrechtler auf dem Heimweg so macht. Ob die süßlichen Schwaden am Alten Botanischen Garten damit zu tun hatten?
Für weitere Fragen zum Thema Arbeitsrecht steht Ihnen unsere Praxisgruppe Arbeitsrecht bei RITTERSHAUS gerne zur Verfügung.