Der Auftraggeber kann einen Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen, mit dem er bereits in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht hat (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB). Dazu muss seine Prognoseentscheidung den Schluss rechtfertigen, der Bieter werde mit Blick auf die vorangegangene Schlechtleistung auch in Zukunft den Auftrag nicht ordnungsgemäß ausführen. Eine aktuelle Entscheidung des OLG München liefert eine praxisgerechte Anleitung für den ordnungsgemäßen Ausschluss wegen Schlechtleistung (OLG München, Beschl. v. 29.01.2021 – Verg 11/20).
Die Antragstellerin war bereits vor der Ausschreibung mit der Reinigung zweier Gymnasien betraut. Der Auftraggeber hatte die Verträge wegen Schlechtleistung der Antragstellerin gekündigt, wobei die Wirksamkeit der Kündigung noch nicht feststand. in der angegriffenen Ausschreibung gab die Antragstellerin für das Los 2 „Glasreinigung“ das wirtschaftlichste Angebot ab, wurde vom Auftraggeber aber unter Verweis auf vorherige Schlechtleistungen und wegen eines nicht genehmigten Nachunternehmereinsatzes ausgeschlossen (§ 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB).
1. Wesentlicher Entscheidungsinhalt
Das OLG gab der Antragstellerin auf deren Beschwerde hin Recht. Der Ausschluss der Antragstellerin sei rechtswidrig, weil der Auftraggeber keine dokumentierte Prognoseentscheidung hinsichtlich der künftigen Leistungserbringung der Antragstellerin getroffen habe. Aus der Dokumentation ergebe sich nicht, dass sich der Auftraggeber überhaupt mit der Frage befasst habe, ob eine künftige Schlechtleistung zu erwarten ist. Die behaupteten Reinigungsmängel hätten zu einem wesentlichen Teil andere als die ausgeschriebenen Reinigungsarbeiten betroffen, welche von anderem Personal der Antragstellerin durchgeführt würden. Es hätte deshalb genauer dokumentiert werden müssen, woraus der Auftraggeber schließe, dass wegen der Schlechtleistung in der Vergangenheit auch künftig Schlechtleistungen zu erwarten seien. Auch hätte der Auftraggeber die Antragstellerin zum beabsichtigten Ausschluss anhören und ihren Standpunkt dann bei Prognoseentscheidung berücksichtigen müssen.
Außerdem sei die dokumentierte Ermessensprüfung ermessensfehlerhaft. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil der Auftraggeber bei der Ermessensausübung nicht berücksichtigt habe, dass die Antragstellerin im einen Gymnasium über vier und im anderen sogar über 12 Jahre die Reinigungsleistungen beanstandungsfrei erbracht habe. Zudem sei die Ermessensausübung widersprüchlich. Der Vergabevermerk erkläre nicht, warum der Auftraggeber die Antragstellerin bezüglich des Loses 2 (Glasreinigung) ausgeschlossen habe, bezüglich des Loses 1 (Grund- und Unterhaltsreinigung) jedoch keinen Ausschluss verfügt habe.
2. Auswirkungen auf die Praxis
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig eine gute Vergabedokumentation ist. Erwägt der Auftraggeber den Ausschluss eines Bieters wegen vormaliger Schlechtleistungen (§ 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB), muss er dokumentieren, warum er davon ausgeht, der Bieter werde mit Blick auf die vorangegangene Schlechtleistung auch in Zukunft den Auftrag nicht ordnungsgemäß ausführen. Außerdem muss er den Bieter zum beabsichtigten Ausschluss anhören. Bei der anschließenden Ermessensentscheidung über den Ausschluss muss der Auftraggeber auch Umstände aus der früheren Vertragsbeziehung berücksichtigen, die für den Bieter sprechen, namentlich den Zeitraum beanstandungsfreier Leistungserbringung. Zwar muss der Auftraggeber den Bieter nicht automatisch bezüglich aller Lose vom Vergabeverfahren ausschließen. Eine Nachprüfungsinstanz muss aber die Gründe für die Entscheidung des Auftraggebers nachvollziehen können, wenn dieser für ein Los einen Ausschluss vornimmt, für ein anderes zugleich aber nicht.
Für alle Fragen zum Vergaberecht oder rund um das Öffentliche Recht stehen Ihnen Rechtsanwalt Dr. Michael Wenzel (michael.wenzel@rittershaus.net) und Rechtsanwalt Dr. Christoph Rung (christoph.rung@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.