Wachsende und komplex zusammengesetzte Vermögen, ein Unternehmen mit (noch) ungelöster Nachfolgefrage, das sog. Geschiedenentestament, minderjährige oder behinderte Kinder – die Anlässe, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, sind mannigfaltig. Dies betrifft insbesondere Fallgestaltungen, in denen die Testamentsvollstreckung einer von mehreren Bausteinen zum Schutz des Nachlasses vor dem Zugriff des Staats, Privatgläubigern des Erben, Schwiegerkindern oder geschiedenen Ehegatten ist (Asset Protection durch Testamentsvollstreckung).
„An der Person des Testamentsvollstreckers hängt (fast) alles“, hat ein bekannter deutscher Erbrechter einmal gesagt. Daher werden häufig Personen eingesetzt, die dem Erblasser persönlich besonders nahestanden. In aller Regel ist das eine vernünftige Wahl.
Aber: Die mit der Stellung als Testamentsvollstrecker verbundenen Aufgaben sind nicht nur zeitlich anspruchsvoll, sondern erfordern regelmäßig auch besonderes fachliches Know-how über die damit verbundenen Pflichten. Der vorliegende Beitrag fasst die wichtigsten steuerlichen Pflichten eines Testamentsvollstreckers als Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes zusammen.
1. Allgemeines
Da Testamentsvollstrecker auf fremdes Vermögen zugreifen, gelten diese als Vermögensverwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO. Dies hat zur Folge, dass der Testamentsvollstrecker die steuerlichen Pflichten in Bezug auf das verwaltete Vermögen zu erfüllen hat. Er hat insb. darauf zu achten, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
Verletzt der Vollstrecker diese Pflicht schuldhaft und wird deswegen die Steuer nicht erfüllt, haftet er nach § 69 AO mit seinem Privatvermögen für den Ausfall. Gefahrenträchtig ist das Amt des (deutschen) Testamentsvollstreckers vor allem bei Auslandserben, auf die der deutsche Fiskus keinen Zugriff nehmen kann.
Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auch verpflichtet, sich steuerlichen und rechtlichen Rat einzuholen, wenn und soweit dies zur ordentlichen Verwaltung des Nachlasses erforderlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker nicht selbst die notwendigen steuerlichen Kenntnisse besitzt. Holt der Testamentsvollstrecker keinen steuerlichen Rat ein, obwohl dies erforderlich ist, macht er sich ggf. schadenersatzpflichtig.
Hinsichtlich der steuerlichen Pflichten des Testamentsvollstreckers ist zwischen den in der Person des Erblassers entstandenen Steuern (z.B. die Einkommensteuer) und den durch den Erbfall entstehenden Steuern (z.B. Erbschaftsteuer) zu unterscheiden.
2. Bereits entstandene Steuern
Die bereits auf Ebene des Erblassers entstandenen (laufenden) Steuern sind sog. Nachlassverbindlichkeiten, d.h. diese dürfen von den Erben erwerbsmindernd berücksichtigt werden. Die Erben treten zwar in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein, im Falle der Testamentsvollstreckung treffen einige dieser Rechte und Pflichten allerdings den Testamentsvollstrecker.
So hat der Testamentsvollstrecker die Steuererklärungen für bereits entstandene Steuern abzugeben, sofern dies durch den Erblasser noch nicht erledigt wurde. Der Testamentsvollstrecker hat also umfassende Erkundigungen einzuholen, inwieweit Steuererklärungspflichten des Erblassers bestanden und bereits erfüllt wurden. Sofern noch steuerliche Wahlrechte auszuüben sind, obliegt dies dem Testamentsvollstrecker.
Erkennt der Testamentsvollstrecker bei bereits abgegebenen Steuererklärungen Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, ist er zur Richtigstellung gegenüber dem zuständigen Finanzamt verpflichtet. Es besteht zwar keine Verpflichtung, nach derartigen Unrichtigkeiten „aktiv“ zu suchen. Wird eine durch den Testamentsvollstrecker erkannte Unrichtigkeit allerdings nicht richtiggestellt, kann dies den Vorwurf einer leichtfertigen Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung auslösen.
Die Steuerbescheide werden grds. an die Erben adressiert und auch gegenüber ihnen bekanntgegeben. Demzufolge sind etwaige Einsprüche auch durch die Erben selbst einzulegen. Der Testamentsvollstrecker kann aber durch die Erben empfangsvollbevollmächtigt oder zum Einlegen von Einsprüchen bevollmächtigt werden. In diesem Fall ist ebenfalls Vorsicht geboten, da sich der Testamentsvollstrecker dann ein etwaiges Versäumen der Einspruchsfrist als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss.
Steuerschulden aus bereits entstandenen Steuern hat der Testamentsvollstrecker aus den Mitteln des Nachlasses zu begleichen. Umgekehrt fallen Steuererstattungsansprüche in den Nachlass, d.h. diese unterliegen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers.
3. Durch den Erbfall entstehende Steuern
Die Erbschaftsteuer entsteht in der Regel mit dem Tod des Erblassers. Auch die aus dem Erbfall resultierenden Rechte und Pflichten verteilen sich unterschiedlich zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker.
So besteht die Pflicht jedes Erben, seinen Erwerb bei der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen, auch im Falle einer Testamentsvollstreckung fort. Lediglich in Ausnahmefällen ist eine Anzeige des Erben entbehrlich, z.B. bei von deutschen Gerichten eröffneten Verfügungen von Todes wegen.
Allerdings ist der Testamentsvollstrecker zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet, sofern das Finanzamt ihn dazu auffordert. Das Gesetz sieht hierzu eine Fristsetzung von mindestens einem Monat vor, wobei eine Fristverlängerung möglich und bei komplexen Nachlässen auch üblich ist. Es empfiehlt sich also, hier zeitnah den Kontakt zum zuständigen Finanzamt aufzunehmen. Der Testamentsvollstrecker ist aber nur zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auch auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht.
Auch dabei folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht, es kommt also auf die Anordnungen im Testament an: Für die von der Vollstreckung betroffenen Erben hat der Testamentsvollstrecker stets die Erbschaftsteuer zu erklären. Für Vermächtnisse besteht die Erklärungspflicht nur dann, wenn der Testamentsvollstrecker über die bloße Erfüllung hinaus weitere Aufgaben in Bezug auf das Vermächtnisvermögen zu besorgen hat. Der Pflichtteil ist dagegen – von seltenen Ausnahmen abgesehen (z.B. der sog. „Beschränkung auf den Pflichtteil in guter Absicht“) – in aller Regel nicht Gegenstand der Steuererklärungspflicht des Testamentsvollstreckers.
Steuerliche Wahlrechte in Bezug auf die Erbschaftsteuer können dagegen nur von dem jeweiligen Erben ausgeübt werden. Praxisrelevante Beispiele hierfür sind der Antrag auf die 100%-Verschonung beim Erwerb unternehmerischen Vermögens und die wahlweise Besteuerung des Nacherben im Verhältnis zum Vorerben bzw. zum ursprünglichen Erblasser.
Der Erbschaftsteuerbescheid ist an den Testamentsvollstrecker bekanntzugeben, soweit dieser zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet war. Da zur Einlegung des ggf. erforderlichen Einspruchs gegen den Bescheid allerdings nur die Erben befugt sind, muss der Testamentsvollstrecker den Bescheid schnellstmöglichst an die Erben weiterleiten – anderenfalls können Haftungsrisiken drohen.
Durch die gesetzliche Anordnung, wonach der Testamentsvollstrecker insbesondere für die Zahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen hat, wird ihm zugleich die zivilrechtliche Pflicht und Befugnis vermittelt, den Nachlass dafür zu verwenden. Sofern Steuernachforderungen absehbar sind, kann dies dazu führen, dass der Testamentsvollstrecker – zur eigenen Absicherung – den Nachlass länger verwalten muss und Rückstellungen bilden sollte. Dies kollidiert nicht selten mit dem Interesse des Erben, rasch auf den an sich abgewickelten Nachlass Zugriff zu nehmen. Vernünftig sind hier transparente Amtsbeendigungsvereinbarungen, in deren Zuge der Testamentsvollstecker vom Erben auch für steuerliche Erklärungs- und Zahlungspflichten freigestellt wird.
Grundsätzlich nicht Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist die Erfüllung der einkommensteuerlichen Pflichten des Erben, soweit diese nach dem Erbfall entstehen. Aber Achtung: Solange die Erben noch nicht feststehen, trifft auch hier den Testamentsvollstrecker die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung.
4. Fazit
Der Beitrag zeigt, dass der Testamentsvollstrecker mit zahlreichen steuerlichen Verpflichtungen konfrontiert ist. Fehlt es an der entsprechenden steuerlichen Sachkunde und wird auch kein steuerlicher Rat eingeholt, macht sich der Testamentsvollstrecker in Bezug auf die daraus resultierenden Folgen ggf. schadenersatzpflichtig, im worst case sogar strafbar.
Damit wird auch klar: Wer eine nahestehende Person zum Testamentsvollstrecker berufen will, sollte sich nicht nur Gedanken machen, wie dieser den Nachlass regeln soll. Der Nachlass sollte ggfs. auch steuerlich vorbereitet werden, um dem Vertrauten unliebsame Überraschungen zu ersparen.
Für Ihre Rückfragen vor und nach dem Erbfall stehen Ihnen Steuerberater Hendrik Grosse und RA/zert. Testamentsvollstrecker Dr. Michael Kühn jederzeit gerne zur Verfügung.