Am 6. Juli 2022 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie beschlossen (UmRUG). Der Regierungsentwurf enthält neben Vorgaben zu grenzüberschreitenden Umwandlungen auch eine Reihe von Neuerungen in Bezug auf nationale Umwandlungen von Unternehmen. Grund genug, einen Blick auf die durch das UmRUG geplanten Anpassungen zu werfen.
Hintergrund
Am 1. Januar 2020 ist die sog. Umwandlungsrichtlinie (RL (EU) 2019/2121) in Kraft getreten. Durch die Richtlinie wurde maßgeblich die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Umwandlungen in der Europäischen Union bezweckt. Während Regelungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften bereits durch die Verschmelzungsrichtlinie aus dem Jahr 2005 geschaffen werden mussten, verpflichten die Vorschriften der Umwandlungsrichtlinie nunmehr auch zur Kodifikation von Vorgaben zu grenzüberschreitenden Formwechseln und Spaltungen von Kapitalgesellschaften. Deutschland ist zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie bis zum 31. Januar 2023 verpflichtet. Einen ersten Aufschlag dazu lieferte das Bundesministerium der Justiz bereits Ende April.
Neues Sechstes Buch im Umwandlungsgesetz (UmwG)
Kern des UmRUG ist das neu in das UmwG einzufügende Sechste Buch („grenzüberschreitende Umwandlungen“), in dem es zu einer erstmaligen Verankerung der grenzüberschreitenden Spaltung und des grenzüberschreitenden Formwechsels in eine Kapitalgesellschaft eines anderen Mitgliedsstaats bzw. Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums im Gesetz kommt. Innerhalb dieses Buches dienen die Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung als Vorbild für das Verfahren der Spaltung und des Formwechsels.
Europaweit kompatibles Verfahren für grenzüberschreitende Umwandlungen
Der Regierungsentwurf sieht weiterhin vor, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) künftig einem rechtssicheren europaweit kompatiblen Verfahren unterliegen, bei dem die beteiligten nationalen Handelsregister digital miteinander kommunizieren. So soll künftig die im Kontext von grenzüberschreitenden Verschmelzungen verpflichtende Vorabbescheinigung („Verschmelzungsbescheinigung“), die einen ordnungsgemäßen Vollzug der Rechtshandlungen und Formalitäten dokumentieren soll, über das Europäische System der Registervernetzung übermittelt werden. Bislang gilt hingegen die Eintragungsnachricht der Umwandlung im Register als ausreichend.
Erhöhter Schutz für Minderheitsgesellschafter
Ferner sieht das UmRUG vor, dass die Rechte der Minderheitsgesellschafter bei grenzüberschreitenden und nationalen Umwandlungen vereinheitlicht und die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung beendet wird. Dies soll unter anderem dadurch bewirkt werden, indem das sog. Spruchverfahren, das Minderheitsgesellschaftern ein Mittel zur Überprüfung von Ausgleichs- und Abfindungsansprüchen an die Hand gibt, beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung steht. Die vorgeschlagene Novellierung des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG) ist dabei auf das Bestreben zurückzuführen, das Spruchverfahren im Interesse aller Verfahrensbeteiligten zu beschleunigen und dabei die Rechte der Antragsteller zu wahren.
Schutz der Liquidität der Gesellschaften
Darüber hinaus sollen Aktiengesellschaften die Möglichkeit erhalten, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen. Derzeit können Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers im Falle eines unangemessenen Umtauschverhältnisses Klage auf Zuzahlung in bar gegen den übernehmenden Rechtsträger erheben. Diese Zuzahlungsansprüche bedeuten für die übernehmenden Rechtsträger ein signifikantes Risiko für Liquiditätsabflüsse in ungewisser Höhe. Deswegen sollen übernehmende Rechtsträger künftig das Recht haben, jene Differenzansprüche durch Gewährung zusätzlicher Aktien anstelle barer Zuzahlung zu begleichen. Das schont die Liquidität und erleichtert Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen.
Stärkung der Arbeitnehmerrechte
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ihrer Arbeitgeber eigene Rechte auf frühzeitige und umfassende Information über das Umwandlungsvorhaben, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können. Dazu zählt insbesondere eine frühzeitige Unterrichtung von Arbeitnehmervertretern über eine bevorstehende grenzüberschreitende Umwandlung. Außerdem soll das Registergericht vor Ausstellung der Umwandlungsbescheinigung prüfen, ob die grenzüberschreitende Umwandlung missbräuchlichen Zwecken dient, wozu namentlich auch die Umgehung von Arbeitnehmerrechten fallen kann. Durch gesonderten Gesetzentwurf soll zudem das Verfahren zur Verhandlung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der hervorgehenden Gesellschaft geregelt werden.
Fazit
Insgesamt sieht das UmRUG eine gelungene Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie vor. Die Regelungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen und grenzüberschreitenden Formwechseln bieten ein sauberes und stimmiges Konzept. Stellenweise gibt der Gesetzentwurf aber auch Anlass zur Kritik: So vermisst man etwa detaillierte Vorgaben zur Missbrauchskontrolle durch die Registergerichte. Hier wäre es begrüßenswert, wenn konkrete Anhaltspunkte verankert würden, wann ein Missbrauch naheliegt und wann nicht bzw. wann vertiefte Prüfungen auf Seiten der beteiligten Gesellschaften vorzunehmen sind.
Für Rückfragen rund um das Thema Umwandlungen steht Ihnen Rechtsanwalt Julius Pieper (julius.pieper@rittershaus.net) jederzeit gerne zur Verfügung.