Große Verpackung, aber wenig Inhalt – kommt Ihnen das bekannt vor?
Bei Mogelpackungen wird der angesprochene Verkehr aufgrund der Gestaltung der Größe einer Verpackung dazu verleitet, eine größere Füllmenge anzunehmen, als tatsächlich angegeben ist und wird damit in die Irre geführt.
Bei der Verpackung ist entscheidend, welche Füllmenge die angesprochenen Verkehrskreise wegen der Gestaltung der Verpackung in dieser erwarten, wobei auch die Art der Ware eine Rolle spielt und welche Verpackungen und Füllmengen dem Verbraucher sonst geläufig sind. So ist der Verkehr beispielsweise bei Pralinen und Parfüm an größere Hohlräume in der Packung gewöhnt.
Zumindest für den stationären Handel war bislang klar, dass eine zusätzliche Ummantelung, eine unnötige Doppelverpackung oder die farbliche Gestaltung der Verpackung, die eine größere Füllmenge suggeriert, eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung darstellen kann. Das gilt beispielsweise auch für eine Verpackung einer Waschgel-Tube, die im unteren Bereich des Verschlussdeckels transparent ist und den Blick auf den Inhalt freigibt und im oberen, sich zum Falz der Tube stark verjüngenden Bereich nicht durchsichtig, sondern silbern eingefärbt ist, und der Inhalt nur bis zu dem silbern eingefärbten Bereich reicht.
Für den Online-Handel haben die mit dem Fall befassten erst- und zweitinstanzlichen Gerichte indes entschieden, dass der Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht spürbar sei, weil dem Verbraucher die konkrete Größe der Produktverpackung im Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem Angebot und dem Erwerb des Produkts verborgen bleibe. Dies erscheint zunächst naheliegend, da der Verkehr das Produkt nicht in der Hand hält und sich im Hinblick auf den Inhalt an den Angaben der Füllmenge auf der Webseite orientiert.
Dem hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt und die beklagte Herstellerin der Waschgel-Tube zur Unterlassung verurteilt. Eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung liege unabhängig von dem konkret beanstandeten Werbemedium grundsätzlich vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge stehe. Dies sei Fall, wenn die Waschgel-Tube nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt sei und weder die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindere noch die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruhe.
Das Urteil steht im Einklang mit der sich abzeichnenden Tendenz zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei der Gestaltung von Fertigprodukten und beugt auch einer „Shrinkflation“, nämlich der verdeckten Preissteigerung durch Änderung der Packungsgröße vor. Ferner ist auf europäischer Ebene eine neue Verpackungsverordnung geplant, die vorsieht, dass Hersteller das Gewicht und Volumen von Verpackungen zu minimieren haben. Neben Nachhaltigkeitsaspekten versprechen sich zumindest Verbraucherverbände hiervon eine Stärkung der Position der Verbraucher.
Unternehmen sind deshalb gut beraten, mit der Verpackung sparsam umzugehen – nicht nur für Produkte, die über den stationären Handel vertrieben werden, sondern auch im Online-Handel. Wird der Eindruck einer größeren Füllmenge erweckt, droht die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen durch Dritte über kostenintensive Abmahnungen.
Evelina Levenson ist auf die Beratung rund um den Einsatz von Werbemaßnahmen spezialisiert und steht Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.