Im Jahre 2021 hat der BGH die AGB-Änderungspraxis zahlreicher Banken – völlig zurecht – für unzulässig erklärt (BGH v. 27.04.2021 – XI ZR 26/20, BGHZ 229, 344 = BGH NJW 2021, 2273). Dieser Änderungsmechanismus hatte vorgesehen, dass die Banken den Kunden einfach ihre neuen AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) mit dem Hinweis zusenden, diese würden automatisch gelten, wenn der Kunde nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Die Unwirksamkeit dieser Anpassungsmöglichkeit hat die Banken vor eine herausfordernde Situation gestellt. Aufgrund einer Vielzahl von Anpassungen (teilweise über Jahrzehnte hinweg) war nun völlig unklar, welche Bedingungen in welchem der zahlreichen Vertragsverhältnisse der Bank gelten sollen.
Bedeutung für die Praxis
Auch andere Beispiele in der Praxis zeigen schon jetzt, wie bedeutsam eine rechtswirksame Anpassung von AGB für Unternehmen ist und wie schwerwiegend die Auswirkungen sein können, wenn diese Anpassung nicht problemlos verläuft. So haben sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht Berlin jeweils den in den AGB von Spotify und Netflix verankerten Preisänderungsmechanismus für unwirksam erklärt, da die Unternehmen sich Kostenerhöhungen vorbehalten, sich dabei aber nicht gleichzeitig verpflichtet haben, auch Kostensenkungen an den Kunden weiterzugeben. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig und liegen derzeit dem 3. Zivilsenat des BGH zur Entscheidung vor. Sollte dieser die Entscheidungen bestätigen, sieht sich Netflix vermutlich Rückforderungsbeträgen von mehr als EUR 2 Mrd. ausgesetzt.
Insbesondere vor dem Hintergrund der immer stärker den Verbraucher schützenden Rechtsprechung kann ein Rückgriff auf alternative Möglichkeiten zur Anpassung von AGB lohnenswert sein, um eine Geltung der aktuellen Fassung der eigenen AGB sicherzustellen. Hinzu kommt, dass sich Kunden als Vertragspartner durch die weiter zunehmende Digitalisierung und Vernetzung in den sozialen Medien immer schneller über Unwirksamkeiten in AGB und daraus resultierende Rückforderungs- oder ggf. sogar Kündigungsmöglichkeiten informieren können. Unternehmen können sich also immer weniger darauf verlassen, dass unwirksame Bestimmungen durch den Verbraucher unerkannt bleiben.
Änderungskündigung ist zulässig
Die Änderungskündigung kann eine alternative Methode zur Anpassung von AGB darstellen, ohne dass das Unternehmen dabei auf eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden angewiesen ist: Das Unternehmen kündigt den Vertrag und bietet dem Kunden gleichzeitig den Abschluss eines neuen Vertrages zu geänderten Konditionen mit den aktuellen AGB an. Der Kunde kann den neuen Vertrag dadurch annehmen, dass er ausdrücklich zustimmt. Ferner wird der Kunde darauf hingewiesen, dass er auch durch die Inanspruchnahme einer vertragsgegenständlichen Leistung (z.B. eine Banküberweisung) nach Wirksamwerden der Kündigung das neue Vertragsangebot annehmen kann. Wer also zum Beispiel nach Ablauf der Frist die nächste Überweisung tätigt, erklärt damit, dass er mit den neuen AGB einverstanden ist. Erklärt der Kunde hingegen nicht ausdrücklich seine Zustimmung und nimmt nach Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich keine Leistungen mehr in Anspruch, ist der Vertrag beendet.
Das vorstehende Vorgehen ist zulässig, solange das Unternehmen den Anforderungen an die Transparenz gerecht wird. Machen Unternehmen den Kunden in ausreichendem Maße deutlich, welche Folgen das jeweilige Handeln mit sich bringt, kann in diesem Handeln eine konkludente Zustimmung gesehen werden. Wo die Fallstricke bei der Umsetzung dieser Lösung liegen und warum es besonders darauf ankommt, dass die Bank klar und deutlich hervorhebt, dass der Vertrag entweder beendet wird oder die Vornahme des nächsten Rechtsgeschäfts zur Vertragsverlängerung unter neuen Bedingungen führt, kann in der Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2024 ab Seite 845 nachgelesen werden.
Die Verfasser dieses Beitrags, Prof. Dr. Ulrich Tödtmann und Jonas Kuhlbrodt, sind Ihnen gerne bei allen Fragen zum Vertragsrecht behilflich und unterstützten Sie auch bei allen Themen rund um die Erstellung und Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.