Am 1. August 2021 ist das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber den Kern der EU-Urheberrechtsreform in deutsches Recht umgesetzt, insbesondere den umstrittenen Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie, der im Jahr 2019 hohe Wellen geschlagen und zu weitreichenden Protesten – insbesondere unter jungen Menschen – geführt hatte. Befürchtet wurde vor allem der übermäßige Einsatz von sog. Upload-Filtern.
Verschärfte Haftung der Plattformbetreiber
Wesentlicher Aspekt des neuen Gesetzes ist die verschärfte Haftung von Upload-Plattformen. Das sind solche Plattformen, auf die die Nutzer zwecks Veröffentlichung eigene urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen können, wie bspw. YouTube, Instagram und Facebook. Diese Plattformen geben nach § 1 Abs. 1 UrhDaG die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte öffentlich wieder, womit sie in das den Urhebern zustehende ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 UrhG eingreifen und so bei einer fehlenden Erlaubnis gemäß § 97 UrhG auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden können. Damit können sich Plattformbetreiber nicht mehr wie bisher auf das Haftungsprivileg für „Host-Provider“ nach § 10 TMG berufen, wonach eine Haftung Kenntnis von der Rechtsverletzung voraussetzt.
Plattformbetreiber können sich entlasten
Allerdings ist eine Haftung der Plattformbetreiber nach § 1 Abs. 2 UrhDaG dann ausgeschlossen, wenn sie „nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ bestimmte Pflichten erfüllen und dies im Streitfall auch nachweisen können. So sind die Plattformbetreiber nach § 4 UrhDaG grundsätzlich verpflichtet, die vertraglichen Nutzungsrechte (Lizenzen) von den Rechtsinhabern einzuholen, wobei die Verpflichtung zum Lizenzerwerb an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
Gelingt ein Lizenzerwerb nicht, müssen die Plattformbetreiber auf Verlangen der Rechtsinhaber urheberrechtlich geschützte Inhalte blockieren. Hierbei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen der sog. qualifizierten Blockierung nach § 7 UrhDaG und der einfachen Blockierung nach § 8 UrhDaG. Bei der einfachen Blockierung sind die Plattformbetreiber verpflichtet, auf Verlangen des Rechtsinhabers bereits hochgeladene Inhalte wieder runterzunehmen (sog. “notice-and-takedown”). Bei der qualifizierten Blockierung sind die Plattformbetreiber verpflichtet, auf Verlangen des Rechtsinhabers die Inhalte bereits vor ihrem Upload und ihrer Veröffentlichung auf der Plattform zu blockieren (sog. “notice-and-staydown”). Hiernach kann der Rechtsinhaber also prophylaktisch verlangen, dass der Plattformbetreiber die öffentliche Wiedergabe seines Werkes verhindert. Um diese Verpflichtung erfüllen zu können, können sich Plattformbetreiber „automatisierter Verfahren“ (§ 7 Abs. 2 S. 2 UrhG) bedienen, bekannt als sog. „Upload-Filter“.
Bewertung
Die Intention des Gesetzes ist klar. Durch die neuen Regelungen sollen die Rechtsinhaber wirtschaftlich bessergestellt werden sowie ihnen die Inanspruchnahme der großen Plattformbetreiber erleichtert werden. Diese können sich nicht mehr so einfach darauf zurückziehen, dass ihre Nutzer für die Uploads verantwortlich sind, sondern müssen auf Verlangen der Rechtsinhaber nun selbst präventiv tätig werden. Ob der vorgesehene Mechanismus des „notice-and-staydown“ in der Praxis so funktioniert, muss sich allerdings erst noch erweisen.
Es gilt in jedem Fall, die weiteren Entwicklungen zu beobachten. Interessant wird zu sehen sein, wie die Plattformbetreiber auf das neue Gesetz reagieren und ob „Upload-Filter“ nun tatsächlich inflationär angewendet werden, wie dies von einigen im Vorhinein befürchtet wurde.
Verfahren beim EuGH noch anhängig
Womöglich ist hier das letzte Wort aber auch noch nicht gesprochen. So ist beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) aktuell noch eine Klage von Polen anhängig, mit der begehrt wird, Art. 17 der Urheberrechtsrichtlinie wegen Verstoßes gegen die Grundrechtecharta für nichtig zu erklären. Kommt der EuGH zum Ergebnis, dass Art. 17 der Richtlinie nichtig ist, würde damit dem UrhDaG als deutsches Umsetzungsgesetz der Boden entzogen. Zwar kam der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 15. Juli 2021 zum Ergebnis, dass Art. 17 wirksam sei, ob der EuGH sich dieser Einschätzung anschließt, bleibt jedoch abzuwarten.
Bei allen Fragen zum Urheberrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Magnus Brau (magnus.brau@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.