Ein Design lässt sich leicht darstellen, sollte man meinen…
Das Design ist die äußere Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, § 1 Nr. 1 DesignG. Designschutz wird – von einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster einmal abgesehen – durch Eintragung im Designregister erlangt, auf nationaler Ebene also beim Deutschen Patent- und Markenamt, auf Gemeinschaftsebene beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Die Registeranmeldung hat demzufolge als Mindestanforderung – neben Angaben zum Designinhaber – „eine zur Bekanntmachung geeignete Wiedergabe des Designs“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 DesignG) zu enthalten. So weit – so klar – so scheinbar einfach.
…aber der Teufel steckt im Detail
Die Hinterlegung einer fotografischen Darstellung eines Designs krankt indessen oft daran, dass die Erscheinungsform mit nur einer Abbildung oftmals nicht vollständig abgebildet werden kann: Die dem Betrachter nicht zugewandten Seiten des Erzeugnisses sind nicht abgebildet, Details des Designs verschwinden in Schattenbereichen, etc. Immerhin gewährt § 7 Abs. 1 DesignV dem Anmelder die Möglichkeit, bis zu zehn fotografische oder sonstige Darstellungen des Designs zu hinterlegen. So weit – so hilfreich – aber auch so gefährlich, wie sich immer wieder in der Praxis zeigt.
Ein Design ist nur ein Design.
Ausgangspunkt ist nämlich stets, dass ein Designrecht eben nur die Erscheinungsform eines Erzeugnisses schützt. In der Entscheidung „Weinkaraffe“ hatte sich der BGH (Urteil vom 8.3.2012, I ZR 124/10) damit zu befassen, wie der Schutzumfang eben dieses einen hinterlegten Designs auszulegen ist, wenn mehrere unterschiedliche grafische Darstellungen hinterlegt wurden, konkret in Form einer Weinkaraffe mit Sockel sowie einer solchen ohne:
Die Frage war in jenem Fall deshalb von Brisanz, weil die angegriffene Ausführungsform eben nur der Karaffe glich, jedoch nicht über einen Sockel verfügte, schon gar nicht wie in der abgebildeten Weise. Der Anmelder hätte daher gerne – wenn denn schon das Design in seiner Gesamtheit aus Sockel und Karaffe bestehend angesehen wird – einen Teilschutz für sich reklamiert, der sich nur auf die Weinkaraffe bezieht. Geschützt wäre nach dieser Auffassung nicht nur die „Karaffe mit Sockel“, sondern auch die „Karaffe ohne Sockel“, vielleicht auch, konsequent zu Ende gedacht, der „Sockel ohne Karaffe“.
Ein Design ist nur ein ganzes Design.
Der BGH hatte sich dem widersetzt und einem solchen Teilschutz eine Absage erteilt. Der Anmelder habe schließlich die Möglichkeit, das Erzeugnis entweder als Ganzes oder als Teil eines Ganzen oder auch als Kombination mehrerer Teile anzumelden. Entscheidet er sich für ein bestimmtes Design, entscheidet er sich eben auch nur für dieses eine Design: im damaligen Fall folglich für eine Karaffe mit Sockel.
Interessant ist, dass der BGH das Karaffen-Design nicht etwa für nichtig erklärt hat. Auf diesen Gedanken hätte man kommen können, da schon hätte unklar sein können, welche Erscheinungsform denn nun konkret der Anmelder unter Schutz gestellt wissen wollte – eine Karaffe mit oder ohne Sockel. Der BGH hat indessen postuliert, sollten unterschiedliche Darstellungen eines Designs in der Anmeldung zu Unklarheiten über den Schutzgegenstand führen, den Schutzgegenstand durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ergab jedoch in jenem Fall eindeutig, dass der Anmelder tatsächlich eine Karaffe mit Sockel angemeldet hatte, weshalb er folgerichtig im Streitfall im Hinblick auf die Karaffe auch nur von einem – ihm jedoch letztlich nicht zuerkannten – „Teilschutz“ sprach.
Ein Design ist ein dargestelltes und kein gedachtes Design.
In der jüngst veröffentlichten Entscheidung „Kinderhelm“ (Urteil vom 20.12.2018, I ZB 25/18) geht nun der BGH einen Schritt weiter. Die Auslegung mehrerer unterschiedlicher Darstellungen kann nämlich an seine Grenzen stoßen. Im konkret entschiedenen Fall waren folgende Darstellungen hinterlegt worden:
Man erkennt zwar ein gemeinsames Grundmuster. Bei wohlwollender Betrachtung könnte man diesem Grundmuster, soweit es sich in allen Helmen wiederfindet, Designschutz zusprechen. Einer solchen weitgehenden Auslegung – im AGB-Recht würde man von einer geltungserhaltenden Reduktion sprechen – hat der BGH jedoch nun eine Absage erteilt und sich damit klar von seiner bisherigen „Schnittmengen-Rechtsprechung“ (BGH, Urteil vom 15. Februar 2001, Az. I ZR 333/98 – Sitz-Liegemöbel) distanziert. Der Grund ist recht einfach: Gedanklich mag man sich zwar noch bei der Vielzahl der dargestellten Helme ein identisches Grundmuster vorstellen. Allein: Es ist als solches im Rahmen der hinterlegten Darstellungen nicht abgebildet. Und ohne Darstellung kein Designschutz.
Damit ist allerdings keine Abkehr von der „Weinkaraffen-Rechtsprechung“ verbunden: Nach wie vor sind mehrere Darstellungen eines Designs, wenn sie Abweichungen aufweisen, auszulegen. Führt diese Auslegung jedoch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis im Sinne einer einheitlichen Erscheinungsform, lässt das Schutzrecht keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen und ist gemäß § 33 Abs. 1 DesignG nichtig.
Fazit und Praxistipp
Abweichende Erscheinungsformen sowie Teile hiervon sind jeweils als separate Designs anzumelden. Wer eine „Kerngestaltung“ (die so genannte „Schnittmenge“) mehrerer Varianten unter Schutz stellen will, sollte auf entsprechende abstrakte bzw. generalisierende Zeichnungen als separate Designanmeldung zurückgreifen. Die hierdurch entstehenden Mehrkosten bei der Anmeldung lohnen sich allemal, um zu verhindern, Jahre später vergeblich einem nicht existierenden Teilschutz hinterherlaufen zu müssen oder sogar die Quittung der Nichtigkeit des Designs zu erhalten. Die Mehrkosten halten sich im Übrigen im Rahmen, da mehrere unterschiedliche Designs auch in einer Sammelanmeldung zusammengefasst werden können.
Bei Rückfragen zu Designrechten oder sonstigen IP-Rechten steht Ihnen Rechtsanwalt Dr. Daniel Weisert unter daniel.weisert@rittershaus.net jederzeit zur Verfügung.