Lange angekündigt, seit 1. Januar 2024 in Kraft: Durch das sog. „MoPeG“ (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) wurde das Recht für einige Gesellschaftsformen geändert, insbesondere für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die Kommanditgesellschaft (KG).
Gerade GbR und KG sind als (vermögensverwaltende) Familiengesellschaften – sog. Familienpools – und als Holdinggesellschaften beliebt. Wenn auch Sie Ihre Immobilien, Gesellschaftsbeteiligungen oder anderes Vermögen in diesen Gesellschaftsformen für die Familie gebündelt haben, sollten Sie Ihren Handlungsbedarf prüfen lassen.
Worum geht es? Wesentlicher Kern der Reform ist die Abschaffung des über mehr als 100 Jahre geltenden Prinzips der „Gesamthand“. Ab sofort wird der Personengesellschaft das Vermögen als eigenes zugeordnet. Für Juristen eine „Jahrhundertreform“. Aber was bedeutet das konkret für Familiengesellschaften? Wir haben für Sie einige erste Orientierungspunkte zusammengestellt.
I. Immobilien und Gesellschaftsanteile im Gesellschaftsvermögen? Handlungsfähig bleiben und Registrierungszwang beachten!
Ab 2024 gibt es für GbRs ein Gesellschaftsregister, ähnlich dem Handelsregister. Der Gesetzgeber will damit das sog. Publizitätsdefizit der GbR beheben. Jedermann kann kostenfrei und jederzeit in das Gesellschaftsregister Einsicht nehmen und sich über Beteiligungs- und Vertretungsverhältnisse informieren. Registrierte GbRs heißen dann „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder kurz „eGbR“. Das müssen Sie beim Außenauftritt beachten.
Die Eintragung in das Register ist grundsätzlich freiwillig. Das gilt gleichermaßen für Altgesellschaften, die bereits beim Jahreswechsel existiert haben, als auch für solche, die nach dem 1. Januar 2024 gegründet werden. Die Eintragung ist also keine Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft.
Aber: Es besteht ein Registrierungszwang für solche Gesellschaften, die über register- oder listenpflichtiges Vermögen frei verfügen wollen. Was heißt das konkret? Soll die GbR etwa Immobilien, GmbH-Geschäftsanteile, Namensaktien oder Anteile an einer eingetragenen Personengesellschaft erwerben oder veräußern, muss sie zuvor in das neue Register eingetragen werden. Dasselbe gilt etwa bei Marken und Patenten oder für eine Belastung von registerpflichtigem Vermögen (z.B. für die Beleihung von Grundstücken mit Grundschulden oder Eintragung von Dienstbarkeiten). Eine Pflicht zur Vorregistrierung besteht auch, wenn die GbR an einem Umwandlungsvorgang nach Umwandlungsgesetz teilnehmen soll.
Daher gilt: Vermögensdispositionen frühzeitig planen. Steht für Ihre Gesellschaft 2024/2025 ein Immobilienkauf oder -verkauf an? Sollen Anteile veräußert oder innerhalb Ihrer Holdingstruktur „umgehängt“ werden? Müssen Sie für energetische Modernisierungsmaßnahmen eine Grundschuld als Kreditsicherheit eintragen oder wollen Sie Ihre GbR aus steuerlichen Gründen in eine GmbH umwandeln?
Dann sollten Sie die Eintragung im Gesellschaftsregister ggf. frühzeitig anstoßen. Aktuell muss aufgrund der Umstellung mit längeren Bearbeitungszeiten bei den Registern („Registerstau“) gerechnet werden. Zeit, die Sie später bei der geplanten Transaktion vielleicht nicht haben.
Kommen Sie auf uns zu, um alle Voraussetzungen und Konsequenzen einer Erstanmeldung für Ihre Gesellschaft zu klären. Wir erarbeiten für Ihre Familiengesellschaft einen passgenauen Fahrplan.
II. GbR Verwaltungssitz im Ausland? Jetzt möglich!
Bei Wegzug geschäftsführender Gesellschafter und Verlegung der faktischen Geschäftsführung der Gesellschaft ins Ausland bestand nach alter Rechtslage die Gefahr, dass mit Verlegung des sog. „Verwaltungssitzes“ die Gesellschaft „automatisch“ aufgelöst wurde. Diese weitreichende Konsequenz war in den meisten Fällen den Beteiligten weder bekannt noch war diese von ihnen beabsichtigt.
Positive Folge einer Eintragung im Gesellschaftsregister: Es besteht nun die Möglichkeit, einen vom statuarischen Sitz abweichenden Verwaltungssitz, z.B. auch im Ausland, zu wählen. Dies führt aus deutscher Sicht nicht mehr zu einer Auflösung der Gesellschaft!
Selbstverständlich müssen bei der Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland auch die Anwendbarkeit der ausländischen Rechtsordnungen nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts geprüft werden. Deshalb bedarf eine Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland oder die Wahl eines ausländischen Verwaltungssitzes bei Gründung immer noch einer vorhergehenden Prüfung und genauen Planung.
III. Immer neu Unterschriften einsammeln oder einmal Registervollmachten organisieren?
Jede Anmeldung zum neuen Gesellschaftsregister muss grds. durch alle Gesellschafter erfolgen. Dies gilt nicht nur für die Ersteintragung der Gesellschaft, sondern auch für spätere Änderungen des Gesellschaftsnamens, der Anschrift, der Vertretungsverhältnisse, des Sitzes und vor allem des Gesellschafterbestandes – übrigens auch im Erbfall!
Unterschriften müssen dabei stets öffentlich beglaubigt sein. Das heißt beispielsweise: Alle Gesellschafter müssen zum Notar, selbst wenn der wirksame Beschluss zur Namens- oder Sitzänderung in der Gesellschafterversammlung per Teams oder im Emailrundlauf gefasst wurde.
Soll der wiederkehrende Notargang für alle Gesellschafter vermieden werden, lässt sich vorsorgen: Erteilen alle Gesellschafter (transmortale) Registervollmachten, kann je nach Ausgestaltung zukünftig ein geschäftsführender Gesellschafter die Anmeldung alleine beim Notar vornehmen. Effizient: Überlegen Sie doch, die Erstanmeldung Ihrer Gesellschaft mit der Erteilung derartiger notarieller Registervollmachen zu verbinden!
IV. Meldepflicht für eingetragene GbRs zum Transparenzregister
Für eGbRs besteht in Zukunft eine Meldepflicht zum Transparenzregister. Mitteilungspflichtig sind Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Wohnsitzland, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sowie die Staatsangehörigkeiten der wirtschaftlich Berechtigten. Kommt man der Mitteilung nicht oder verspätet nach, erfolgt diese unvollständig oder (teilweise) falsch, drohen Bußgelder.
Praxishinweis: Soll die Meldung zum Transparenzregister für das bloße Halten von Grundstücken vermieden werden, ist zukünftig als Alternative zur GbR die einfache Bruchteilsgemeinschaft zu prüfen.
V. Gesellschaftsverträge hinsichtlich Erbfallplanung überprüfen!
Seit Jahrzehnten schon bedarf es bei Personengesellschaften einer sorgfältigen Abstimmung von letztwilliger Verfügung und Gesellschaftsvertrag. Es galt und gilt der Grundsatz: Keine Testamentserrichtung ohne Überprüfung und ggf. Anpassung des Gesellschaftsvertrages! Denn passt der Gesellschaftsvertrag nicht, kann der im Testament niedergelegte Wille ggf. nicht oder nicht vollständig umgesetzt werden. Worst case: Vollständiger Verlust der Beteiligung im Erbfall.
Umgekehrt galt und gilt: Mit Familiengesellschaften lassen sich dem Familieninteresse entsprechend Leitplanken für die Vererbung („zulässige Erben“, Regelungen in Bezug auf Testamentsvollstreckungen, Vertretungsrechte in Gesellschafterversammlungen usw.) setzen, die dann einheitlich für alle Familienmitglieder gelten. So kann man im Rahmen des gesetzlich Zulässigen auch Folgegenerationen binden, und z.B. das Familienvermögen „in der Blutslinie halten“.
Für die Prüfung und Anpassung von Altverträgen gelten nun z.T. neue gesetzliche Rahmenbedingungen: Der Tod eines GbR-Gesellschafters führt grds. nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft. Vielmehr gilt der Grundsatz der Fortsetzung der Gesellschaft.
Handlungsbedarf? Gesellschafter, die der bisherigen gesetzlichen Regelung folgend im Erbfall die Liquidation der Gesellschaft und Verteilung des Erlöses unter den Teilhabern unter Einschluss der Erben wünschten, sollten den alten Gesellschaftsvertrag unbedingt überprüfen und ggfs. anpassen lassen. Für diejenigen, die gar keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag hatten: Bedenken Sie, dass sich „über Nacht“ das Rechtsregime geändert hat!
Achtung: Obwohl es nun „Fortsetzung“ heißt, ist der Gesellschaftsanteil weiterhin von Gesetzes wegen noch nicht vererblich! Ist das gewünscht, müssen Sie explizit in Ihrem Gesellschaftsvertrag die Vererblichkeit vereinbaren. Ist das nicht geregelt, wächst der Anteil des verstorbenen Gesellschafters (nur) den verbleibenden Gesellschaftern an – und zwar ungeachtet etwaiger Stammesüberlegungen. Maßgeblich ist im Zweifel das Verhältnis der Anteile der übrigen Gesellschafter untereinander. Der Erbfall kann also zu (zufälligen!) Machtverschiebungen zwischen mehreren Stämmen führen. Eine Lösung können etwa stammesspezifische Anwachsungsregelungen im Gesellschaftsvertrag darstellen.
Der Erbfall kann übrigens auch für die Gesellschaft selbst ungewollte Folgen haben: Denn kommt es zur oben skizzierten Anwachsung, hat der Gesellschaftererbe von Gesetzes wegen einen sofort fälligen Abfindungsanspruch, der „dem Wert des Anteils angemessen und „vollwertiges Äquivalent“ für dessen Verlust darstellen soll. Was der Gesetzgeber damit meint, ist bereits jetzt umstritten – vieles spricht aber für eine Abfindung in Höhe des Verkehrswerts des Anteils. Gerade bei großen grundbesitz- oder anteilshaltenden Gesellschaften kann der Erbfall so erhebliche Liquiditätsprobleme und in Folge Rechtsstreitigkeiten verursachen.
Auch (alte) Abfindungsregelungen sollten also spätestens jetzt sorgfältig geprüft und ggf. an die Verhältnisse der Gesellschaft individuell vertraglich angepasst werden.
Sollen indes – wie häufig gewünscht – die Erben eines GbR-Gesellschafters im Erbfall in den Gesellschafterkreis nachfolgen, bedarf es weiterhin zwingend im Gesellschaftsvertrag einer sog. Nachfolgeklausel. Hilfreich: Soll etwa ein Ehegatte, die Schwiegerfamilie insgesamt, nicht eheliche Kinder oder ganze Stämme der eigenen Linie auf Dauer aus der Gesellschaft herausgehalten werden, kann in Familiengesellschaften über besondere qualifizierte Nachfolgeklauseln eine entsprechende Asset Protection im Erbfall betrieben werden.
VI. Erbfall eingetreten? Bedenken Sie die jetzt eine mögliche „Flucht in die KG“!
Die Erben des Gesellschafters einer vermögensverwaltenden GbR können künftig innerhalb von drei Monaten seit Kenntnis vom Anfall der Erbschaft einen Antrag stellen, dass der vererbte Anteil für sie fortan als Kommanditanteil geführt wird.
Das bedeutet nicht weniger als die Änderung der Rechtsform der Gesellschaft: Alle anderen GbR-Gesellschafter würden sog. Komplementäre, haften also weiterhin persönlich und unbeschränkt. Die Erben könnten durch diesen „Schachzug“ dagegen ihre Haftung auf den vererbten Anteil begrenzen, müssen dann aber als Kommanditisten auch mit weniger Gesellschafterrechten auskommen.
Wollen die übrigen Gesellschafter diese Umwandlung der Gesellschaft vermeiden, müssen Sie den Antrag der Erben ablehnen. Die Erben können dann kündigen – ohne Kündigungsfrist und mit Anspruch auf eine Abfindung!
Handlungsbedarf? Sie sollten aktiv für Ihre Familien-GbR entscheiden, ob Sie die „Flucht in die KG“ im Erbfall erlauben oder ausschließen wollen. Wenn Sie erlaubt sein soll, ist es empfehlenswert vorzusorgen, und die Rechtstellung künftiger Kommanditisten schon heute ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag zu regeln.
Das gibt Planungssicherheit und kann später teure Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Daher, egal wie Sie entscheiden: Sorgen Sie für klare Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
VII. Neue Regelungen zur Gewinnverteilung
Eine Anpassung von Gesellschaftsverträgen kann auch hinsichtlich der neuen gesetzlichen Gewinnverteilung empfehlenswert sein: Das Gesetz sieht nun grundsätzlich eine „Vollausschüttung“ und eine Streichung der gesetzlichen Beschränkung des Entnahmerechts (Beschränkung auf 4 % des Kapitalanteils des Gesellschafters) vor.
Soll aber nicht das gesamte Ergebnis verteilt werden, macht es Sinn, Thesaurierungsregelungen, Entnahmebeschränkungen (bei Personenhandelsgesellschaften auch unter Beachtung des steuerlichen Aspekts einer Mitunternehmerstellung!) im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen – gerade etwa auch in Hinblick auf minderjährige oder gerade volljährig gewordene Gesellschafter.
VIII. Steuerliche Auswirkungen
Kernstück des MoPeG ist die Abschaffung des Gesamthandsprinzips. Da hieran bisher viele steuergesetzliche Regelungen angeschlossen hatten, war lange unsicher, welche steuerlichen Folgen sich aus der Reform ergeben. Im Kreditzweitmarktförderungsgesetz hat die Bundesregierung nun einige wichtige Klarstellungen vorgesehen:
Für den Bereich der Ertragsteuern hat der Gesetzgeber festgehalten, dass ungeachtet der neuen Zivilrechtslage Wirtschaftsgüter einer rechtsfähigen Personengesellschaft – wie bisher – steuerlich den Gesellschaftern anteilig zugerechnet und die Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden. Damit bleibt das bisherige Transparenzprinzip bestehen. Dies gilt auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer: Im Fall des Erwerbs eines Vermögensgegenstandes durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten weiterhin deren Gesellschafter als Erwerber, bei einer Zuwendung „der Gesellschaft“ sind sie spiegelbildlich Zuwendende.
Etwas anders liegt es bei der Grunderwerbsteuer. Hier wird der bisherige Status quo zunächst (nur) für drei Jahre befristet fortgeführt. Damit gelten zwar die Steuerbefreiungen etwa für die Übertragung von Grundstücken von Miteigentümern auf eine Gesamthand derselben Personen und umgekehrt sowie eine flächenweise Teilung von Grundstücken durch Personen, die an einer Gesamthand beteiligt sind, vorerst weiter.
Auswirkungen können sich aber – Stand jetzt – mit Auslaufen der Übergangsregelung zum 1. Januar 2027 ergeben. Auch wenn die Bundesregierung eine gesetzliche Neuregelung anstreben dürfte, ist gerade in Anbetracht der bisherigen Verschärfungen der Grunderwerbsteuer nicht sicher, ob entsprechende Befreiungsvorschriften langfristig aufrechterhalten werden.
Idee: Ohnehin geplante Übertragungen vorziehen. Betroffene sollten daher überlegen, ohnehin geplante Einlagen von Immobilien in Familiengesellschaften bis zum 31. Dezember 2026 zu vollziehen, um bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen Grunderwerbsteuer sicher zu vermeiden. Dasselbe gilt, wenn Grundstücke aus der Gesellschaft auf die Gesellschafter nach Bruchteilen übertragen oder Grundstücke einer Gesamthand geteilt werden sollen.
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