Der Sommerurlaub steht vor der Tür – spätestens jetzt sollten sich Arbeitgeber mit den Urlaubsansprüchen ihrer Mitarbeiter befassen.
In den letzten Monaten und Jahren sind zahlreiche gerichtliche Entscheidungen auf nationaler sowie europäischer Ebene zum Verfall von Urlaubsansprüchen ergangen. Das Urlaubsrecht ist dadurch komplexer geworden und die Anforderungen an Arbeitgeber deutlich verschärft worden – insbesondere im Zusammenhang mit der Mitwirkungsobliegenheit („Hinweispflicht“) des Arbeitgebers.
Urlaubsanspruch verfällt spätestens zum 31. März des Folgejahres – oder doch nicht?
Dieser Grundsatz bildet die alte Rechtslage ab. Seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2019 kann der Urlaubsanspruch nur verfallen, wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflicht rechtzeitig erfüllt hat.
Was muss der Arbeitgeber tun?
Der Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer rechtzeitig auf den individuellen Urlaubsanspruch sowie dessen Verfall hinweisen:
- Der Arbeitgeber muss „konkret und in völliger Transparenz“ (so das Bundesarbeitsgericht) dafür Sorge tragen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, den Urlaub zu nehmen,
- den Arbeitnehmer hierzu förmlich auffordern sowie
- dem Arbeitnehmer klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn er ihn nicht rechtzeitig nimmt.
Besonderheit: (Langzeit-)erkrankte Arbeitnehmer
Die Hinweispflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer aktuell erkrankt ist.
Langzeiterkrankte Arbeitnehmer sind aufgrund ihrer durchgehenden Erkrankung im gesamten Urlaubsjahr faktisch gar nicht in der Lage, den Urlaub zu nehmen. Trifft den Arbeitgeber dennoch die Hinweispflicht? Ja, allerdings nur in dem Jahr, in dem der Arbeitnehmer zu Beginn noch arbeitsfähig war und dann arbeitsunfähig wurde. Der Grundsatz, dass in diesen Fällen der Urlaubsanspruch automatisch nach Ablauf von 15 Monaten verfällt, gilt nicht mehr.
Spätestens nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist sind die Urlaubsansprüche aber verfallen?
Nein. Auch in dieser Hinsicht wurde die Rechtslage für Arbeitgeber deutlich verschärft. Nunmehr kann eine Verjährung nur eintreten, wenn Arbeitgeber ihre Hinweispflicht erfüllt haben.
Hinweispflicht nicht erfüllt – Konsequenzen?
Das kann teuer werden für den Arbeitgeber. Fehlt der ordnungsgemäße Hinweis durch den Arbeitgeber, können sich also Urlaubsansprüche aus mehreren Jahren ansammeln – ohne Grenze.
Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten?
Die verschärften Anforderungen an den Arbeitgeber sind (nur) für den gesetzlichen Mindesturlaub entschieden worden. Für den vertraglichen Zusatzurlaub kann der Arbeitgeber abweichende Voraussetzungen zum Verfall regeln.
Fazit
Arbeitgeber sollten ihre Hinweispflicht rechtzeitig erfüllen und für den vertraglichen Zusatzurlaub abweichende Regelungen vereinbaren. Anderenfalls droht ein „teurer Berg“ an Urlaubsansprüchen – spätestens wenn der Arbeitnehmer ausscheidet und der Arbeitgeber Urlaubsabgeltung zahlen muss.
Bei Fragen stehen Ihnen Rechtsanwältin Nadja Hartmann und Rechtsanwältin Sarah Kaufmann sowie das gesamte Team der Praxisgruppe Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.