Wer träumt nicht von der eigenen Ferienimmobilie an der französischen Atlantikküste, einem Alterswohnsitz an der Côte d’Azur oder einem der Kapitalanlage dienenden Immobilienerwerb in Paris? Doch so sehr der Traum von der eigenen Immobilie in Frankreich auch fasziniert, so schnell kann er sich – ohne richtige Beratung – zum Alptraum entwickeln. Denn das französische Recht weist einige Besonderheiten auf, die sich grundlegend von unserer Rechtsordnung unterscheiden.
Einheits- statt Abstraktionsprinzip
Während das deutsche Zivilrecht auf dem Abstraktionsprinzip beruht, das für den Eigentumserwerb zwischen dem schuldrechtlichen Kaufvertrag und dem hiervon unabhängigen dinglichen Rechtsgeschäft, durch das letztlich das Eigentum übertragen wird, unterscheidet, gilt im französischen Recht das Einheitsprinzip. Danach vollzieht sich der Eigentumserwerb unmittelbar und gleichzeitig mit dem Abschluss des Kaufvertrages. Die damit einhergehenden Schwierigkeiten versucht das französische Recht durch den Abschluss von Vorverträgen zu vermeiden.
Der Vorvertrag
Dementsprechend werden auch beim Kauf einer Immobilie die wesentlichen Einzelheiten des späteren Kaufvertrages bereits vorab in einem Vorvertrag (avant-contrat) verbindlich geregelt. Dabei bedarf der Vorvertrag anders als im deutschen Recht nicht der notariellen Beurkundung. Er ist formlos gültig. Daher können die in ihm geregelten Vertragspflichten später nur noch mit der Zustimmung beider Parteien geändert werden.
Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Vorverträgen. Der „compromis de vente“ (auch „promesse synallagmatique de vente“) begründet die beiderseitige Verpflichtung der Vertragsparteien zum Abschluss des späteren Kaufvertrages. Demgegenüber handelt es sich bei der seltener vorkommenden „promesse unilatérale de vente“ um einen einseitig verpflichtenden Vorvertrag, der dem Käufer die Option einräumt, den Kaufvertrag innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu den vereinbarten Bedingungen zu schließen. Mit der privatschriftlichen Ausübung der Option durch den Käufer kommt der Kaufvertrag zustande. Der Käufer kann dann die Errichtung in notarieller Form verlangen.
Mit Abschluss des Vorvertrages steht dem Käufer ein zehntägiges Widerrufsrecht zu. Innerhalb dieses Zeitraums kann er den Vorvertrag kostenlos widerrufen und den Abschluss des Kaufvertrages dadurch verhindern. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss er regelmäßig eine Anzahlung in Höhe von 10% des Kaufpreises leisten. Will er sich nach Ablauf der Widerrufsfrist vom Kaufvertrag lösen (beim compromis de vente) oder übt er die ihm eingeräumte Option nicht innerhalb der gewährten Frist aus (bei der promesse unilatérale de vente) steht dem Verkäufer als Entschädigung mindestens der Anspruch auf die Anzahlung zu.
Aufgrund seiner formlosen Wirksamkeit sollte bereits der Vorvertrag von einem Notar aufgesetzt werden.
Der eigentliche Kaufvertrag
Auch der eigentliche Kaufvertrag ist grundsätzlich formlos wirksam. Der Eigentumsübergang vollzieht sich unmittelbar mit seinem Abschluss bzw. der Ausübung der Option. Allerdings erlangt er gegenüber Dritten erst dann Außenwirkung, wenn er notariell beurkundet, zum Grundstücks- und Hypothekenregister eingereicht und dort registriert wurde.
Die Rolle des französischen Notars
Der französische Notar übernimmt neben der Beurkundung von Immobilienkaufverträgen auch die Beratung in Immobilien-, Vermögens- und Nachlassangelegenheiten. Nach französischem Recht kann er die Immobilie darüber hinaus auch selbst vermitteln.
Anders als nach deutschem Recht, ist der französische Notar nicht an einen Amtsbezirk gebunden. Er kann seine Tätigkeit in ganz Frankreich ausüben. Daher empfiehlt es sich, von Beginn an einen zweisprachigen Notar mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu beauftragen. Zudem ist es in Frankreich üblich, dass jede Partei einen eigenen Notar hat. Den Parteien entstehen durch die Hinzuziehung von zwei Notaren keine höheren Kosten. Vielmehr werden die anfallenden Gebühren unter den Notaren geteilt.
Steuerliche Erwägungen
Insbesondere in steuerrechtlicher Hinsicht sollten einige Aspekte beachtet werden. Der Kauf einer Immobilie löst in Frankreich zunächst Grunderwerbsteuer (droits de mutation) aus. Ist die Immobilie nicht älter als fünf Jahre, wurde sie kürzlich saniert oder befindet sie sich sogar noch im Rohbau, können die Gemeinden und Départements an Stelle der Grunderwerbsteuer auch Mehrwertsteuer (taxe sur la valeur ajoutee – TVA) erheben. Zwar ist der Verkäufer für diese steuerpflichtig, sie wird jedoch regelmäßig über den Kaufpreis auf den Käufer abgewälzt. Mit der Katastersteuer (taxe de publicité foncière) werden die Kosten der Eintragung ins Grundstücks- und Hypothekenregister gedeckt.
Der Besitz einer Immobilie unterliegt der jährlich anfallenden Grundsteuer (taxe foncière). Daneben erheben die Gemeinden und Départements in Frankreich eine Wohnsteuer (taxe d’habitation), die der Bewohner der jeweiligen Immobilie zu tragen hat.
Seit dem 1. Januar 2018 gilt in Frankreich eine reine Immobilienvermögensteuer (impôt sur la fortune immobilière), die die bisher geltende Vermögenssteuer ersetzt. Mit ihr wird das Gesamtnettoimmobilienvermögen natürlicher Personen ab einem Schwellenwert von EUR 1,3 Mio. besteuert. Allerdings wurde der progressive Steuersatz von 0,5% bis 1,5% der Nettobemessungsgrundlage beibehalten.
Bei einem späteren Weiterverkauf der Immobilie sollte berücksichtigt werden, dass das französische Steuerrecht für diesen Fall eine immobilienrechtliche Wertzuwachssteuer (impôt sur la plus-value immobilière) vorsieht. Mit dieser wird der Gewinn besteuert, der sich aus der Differenz des ursprünglichen Kaufpreises und des späteren Verkaufspreises ergibt. Erst nach 22 Jahren ist der Verkauf der Immobilie grundsätzlich steuerfrei möglich.
Immobiliengesellschaft
Erwägenswert kann auch die Einschaltung einer französischen Immobiliengesellschaft (société civile immobilière) sein. Dies kann die innerfamiliäre Übertragung insbesondere bei Erbschaft und Schenkung erleichtern, da die Familienmitglieder dann nicht Miteigentümer der Immobilie, sondern Mitgesellschafter der Gesellschaft sind.
Der Immobilienerwerb durch eine deutsche GbR ist hingegen nicht möglich, da diese im französischen Grundstücks- und Hypothekenregister nicht eintragungsfähig ist. Demgegenüber ist der Erwerb über eine deutsche Kommanditgesellschaft problemlos möglich. Hierdurch werden zudem verschiedene steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet.
Erbrechtliche Überlegungen
Es empfiehlt sich, bereits zu Beginn des Kaufprozesses Überlegungen zur späteren erbrechtlichen Übertragung der Immobilie anzustellen.
Seit dem 17. August 2015 gilt innerhalb der EU die europäische Erbrechtsverordnung (EUErbVO; Verordnung Nr. 650/2012). Hiernach unterliegt die Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wer daher plant sich in Frankreich zur Ruhe zu setzen, sollte bedenken, dass dies im Erbfall zur Anwendbarkeit des französischen Erbrechts auf den gesamten, auch außerhalb Frankreichs belegenen Nachlass führen kann. Um dies zu verhindern, kann der Erblasser beispielsweise eine testamentarische Rechtswahl zugunsten des Rechts eines anderen Mitgliedstaates treffen.
Zugleich sollte berücksichtigt werden, dass der Erwerb von Todes wegen in beiden Ländern der Erbschaftsteuer unterliegt, die in Frankreich nach wie vor höher ist als in Deutschland. Lag der Wohnsitz des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes in Deutschland, wird der gesamte Nachlass und damit auch die in Frankreich belegene Immobilie nach Maßgabe des deutschen Erbschaftsteuerrechts besteuert. Da die französische Immobilie jedoch nach dem im französischen Erbschaftsteuerrecht geltenden Belegenheitsprinzip auch in Frankreich besteuert wird, sieht das am 3. April 2009 in Kraft getretene erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich vor, dass die in Frankreich anfallende Erb-schaftsteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bis zu einem bestimmten Anrechnungshöchstbetrag auf die deutsche Steuer angerechnet wird. Da die französische Erbschaftsteuer höher ist als die deutsche, verbleibt ein Anrechnungsüberhang, der vom Erwerber zu tragen ist. Damit wird die französische Immobilie im Ergebnis in Höhe der französischen Erbschaftsteuer belastet, während die deutsche Erbschaftsteuer in Höhe des anrechnungsfähigen Betrages reduziert wird.
Der vorliegende Beitrag soll nur einen groben Überblick über den Immobilienerwerb in Frankreich vermitteln. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann die persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen. Bei Fragen zum Thema können Sie sich jederzeit gerne an unsere Rechtsanwälte Pawel Blusz LL.B., LL.M. (Pawel.Blusz@rittershaus.net), Benjamin Rothmund (Benjamin.Rothmund@rittershaus.net) und Sebastian Koch LL.M. (Sebastian.Koch@rittershaus.net) wenden.