Welche Neuerungen mit dem am 1. Dezember 2020 in Kraft tretenden WEG einhergehen, beantwortet Ihnen unser Rechtsanwalt und Notar Bernhard Naujack LL.M. mit folgenden Fragestellungen:
Frage: Müssen bestehende Gemeinschaftsordnungen angepasst werden?
Nein, nicht zwingend, denn § 47 Satz 1 WEG in seiner neuen Fassung regelt ausdrücklich, dass im Zweifel die neue gesetzliche Vorschrift einer Vereinbarung in einer bestehenden Gemeinschaftsordnung vorgeht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich aus der bestehenden Gemeinschaftsordnung ergeben sollte, dass diese sich gegenüber der gesetzlichen Neuregelung durchsetzen soll.
Frage: Sind oberirdische Stellplätze und Terrassen bzw. Gartenflächen nun sondereigentumsfähig?
Ja, gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 2 WEG neue Fassung. Allerdings müssen die Stellplätze und die Terrassen bzw. Gartenflächen im Aufteilungsplan vermaßt sein. Nicht ausgeschlossen ist dadurch, dass oberirdische Stellplätze, Terrassen oder Gartenflächen auch weiterhin als Sondernutzungsrecht ausgestaltet werden.
Frage: Welche Neuerungen sind noch hervorzugeben?
Die Erleichterung von baulichen Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 bzw. Abs. 3 WEG neue Fassung ist von praktischer Bedeutung. Zwar bedürfen dennoch nach wie vor die baulichen Maßnahmen eines zustimmenden Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung, doch hat der jeweilige Sondereigentümer das Recht auf Durchführung der Baumaßnahme, sprich die Zustimmung ist zu erteilen, wenn es sich um bestimmte Baumaßnahmen gemäß Absatz 2 handelt, nämlich solche, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchschutz oder dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen oder wenn es sich um solche nach Abs. § 20 Abs. 3 WEG neue Fassung handelt, nämlich wenn die bauliche Maßnahme andere Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt oder die beeinträchtigten anderen Wohnungseigentümer zugestimmt haben.
Weitere wichtige Regelungen sind die nunmehr vollumfängliche Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 9a Abs. 1 WEG neue Fassung, also nicht nur einer Teilrechtsfähigkeit; die Vertretungsmacht des Verwalters für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich und dabei unbeschränkt, bis auf die gesetzliche Beschränkung, dass er nicht zum Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen ohne weitere Regelung berechtigt ist (wenn auch diese Vertretungsmacht gewünscht ist, muß er dazu ausdrücklich ermächtigt werden).
Bedeutsam, gegebenenfalls auch für Bauträgerkaufverträge, sind die Regelungen in § 8 Abs. 3 WEG und § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG neue Fassung. Danach entsteht die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher, kann also mit nur einem Eigentümer bestehen. Weiter gilt im Innenverhältnis gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft anstelle des teilenden Eigentümers derjenige als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, der einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat und durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichert ist.
Von Bedeutung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft dürfte auch die Regelung in § 10 Abs. 3 WEG neue Fassung sein. Beschlüsse, die aufgrund einer sogenannten Öffnungsklausel gefasst werden, können in das Grundbuch eingetragen werden, was auch letztendlich erforderlich ist, denn nur dann entfalten sie auch Wirkung gegen den Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers.
Frage: Gibt es schon erste Erfahrungen?
Da das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist, gibt es noch keine praktischen Erfahrungen, allerdings werden gewisse Aspekte schon ausführlich diskutiert. Wahrscheinlich werden künftige Gemeinschaftsordnungen nicht grundlegend anders gestaltet werden; auch werden grundlegende Änderungen in der tagtäglichen Verwaltung nicht zu erwarten sein. Ein Teil der Probleme, die mit der gesetzlichen Änderung angegangen werden sollen, sind im Übrigen bereits in modernen Gemeinschaftsordnungen berücksichtigt.
Rechtsanwalt und Notar Bernhard Naujack LL.M. steht Ihnen für weitere Fragen rund um das Thema Wohnungseigentumsgesetz jederzeit unter bernhard.naujack@rittershaus.net zur Verfügung.