Am 20. Januar 2021 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) veröffentlicht. Der Entwurf knüpft im Wesentlichen an den bereits im Frühjahr 2020 erschienenen sog. Mauracher Entwurf, und den im Anschluss veröffentlichten Referentenentwurf vom 19. November 2020 an. Dieser Beitrag beleuchtet nach einer kurzen Darstellung der (1.) Hintergründe der Gesetzesreform die (2.) signifikanten Neuregelungen und schließt mit einem (3.) Resümee.
1. Hintergründe der Gesetzesreform
Den Anstoß zu der Gesetzesreform des Personengesellschaftsrechts gab bereits der 71. Deutsche Juristentag im Jahr 2016. Dessen Ansinnen wurde sodann im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die laufende Legislaturperiode aufgegriffen und verfestigt. Ende 2018 setzte die große Koalition dann eine Expertenkommission mit dem Auftrag ein, einen ersten Reformvorschlag zu erarbeiten. Dieser wurde im April 2020 vorgelegt und ist allgemein unter der Bezeichnung „Mauracher Entwurf“ bekannt. Während der im November 2020 erschienene Referentenentwurf strukturell teilweise erheblich vom Mauracher Entwurf abweicht, entspricht der nun vorgelegte Regierungsentwurf zum MoPeG inhaltlich weitestgehend dem Referentenentwurf.
Das ursprüngliche gesetzgeberische Bild der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das von einer nicht rechtsfähigen, für eine begrenzte Anzahl von Einzelgeschäften und auf begrenzte Dauer gegründeten Gesellschaft ausging, hat sich im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung und die Kautelarpraxis erheblich gewandelt. Wegweisende Grundsatzentscheidungen des BGH wie beispielsweise aus dem Jahre 2001 zur Rechtsfähigkeit und aus dem Jahre 2008 zur Grundbuchfähigkeit der GbR haben zu dieser Entwicklung ebenso beigetragen, wie die systematische gesellschaftsvertragliche Abweichung von dem gesetzlich vorgesehenen Regelwerk der bisherigen §§ 705 ff. BGB. Ziel der Reform ist es daher insbesondere, den durch die Rechtsprechung und die Kautelarpraxis vollzogenen Wandel der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Gesetz zu verankern und die Diskrepanz zwischen dem geschriebenen Recht und der Rechtspraxis im Interesse der Rechtssicherheit zu beseitigen.
Darüber hinaus wurde auch die Versagung der Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften für freie Berufe als unbefriedigend empfunden. Die spätere teilweise Öffnung dieser Rechtsformen durch die Rechtsprechung des BGH und einer Anpassung der jeweiligen Berufsordnungen für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer führte zu einer Ungleichbehandlung unter den Anhängern freier Berufe und wurde daher allgemein als unbefriedigend empfunden.
Schließlich setzte sich der Regierungsentwurf zum Ziel, das als überholt geltende Beschlussmängelrecht der Personenhandelsgesellschaften zu reformieren und auf ein ausdifferenziertes Regelwerk zu stellen.
2. Signifikante Neuregelungen
Der Entwurf beinhaltet vier wesentliche Neuerungen, die auf eine grundlegende Überarbeitung des geltenden Rechts hinauslaufen. Neben Veränderungen im Recht der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) steht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Grundform aller Personalgesellschaften im Zentrum der Reform.
Kodifizierung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR
Die seit der Leitentscheidung des BGH (BGHZ 146, 341 – „ARGE Weißes Ross“) vor nunmehr 20 Jahren anerkannte Rechts- und Parteifähigkeit der GbR wird gesetzlich perpetuiert. Nach dem neuen Gesetzeswortlaut erfolgt eine Ausdifferenzierung zwischen rechtsfähigen und nicht-rechtsfähigen Gesellschaften. Maßgeblich für die uneingeschränkte Teilnahme am Rechtsverkehr soll der gemeinsame Wille der Gesellschafter sein. Gleichzeitig bleibt die (nichtrechtsfähige) Innengesellschaft als Organisationsstruktur erhalten. Trotz der Kodifizierung der Rechtsfähigkeit der GbR hält der ReG-E am für die Personengesellschaften prägenden Grundsatz der Selbstorganschaft fest. Dies äußert sich insbesondere durch die nach wie vor geltende Gesamtvertretung der Gesellschaft durch alle Gesellschafter gemeinsam, die An- und Abwachsung der Wertanteile bei Veränderungen im Gesellschafterbestand sowie das Bestehen eines Schuldvertrags im Innenverhältnis. Konsequenterweise wurden mit der Kodifizierung der Rechtsfähigkeit auch Änderungen im Bereich des Gesellschafterwechsels vorgenommen. Nach dem angestrebten Leitbildwandel ist die GbR nicht mehr nur Gelegenheitsgesellschaft – was sie de facto auch nie war – sondern auf Dauer angelegt. Infolgedessen mutieren die vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag bislang zur Auflösung der Gesellschaft führenden Tatbestände (z.B. Tod eines Gesellschafters) nun zu Ausscheidungsgründen. Die Auswirkungen auf die Nachfolgeplanung im Gesellschafterkreis dürften augenscheinlich sein.
GbR-Register mit mittelbarem Eintragungszwang
Als Novum darf man auch das geplante Gesellschaftsregister bezeichnen. Mit der Führung der Register werden die Registergerichte der Länder beauftragt. Dort können rechtsfähige Gesellschaften bürgerlichen Rechts eingetragen werden, wobei die grundsätzlich freiwillige Eintragung dann obligatorisch wird, wenn eine noch nicht eingetragene GbR eine rechtliche Maßnahme vornehmen will, die die Eintragung in ein anderes Register (z.B. Handelsregister, Grundbuch, etc.) erfordert. Exemplarisch lässt sich der Erwerb eines Grundstücks durch die Gesellschaft aufführen. Die GbR ist dann zur Voreintragung verpflichtet, sog. Voreintragungsprinzip. Ist eine GbR in das Gesellschaftsregister eingetragen, führt sie die firmenrechtliche Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder die Abkürzung „eGbR“. Eine einmal eingetragene Gesellschaft kann nur noch nach den allgemeinen Vorschriften, also insbesondere nach Auflösung der Gesellschaft, wieder gelöscht werden. Die bloße Veräußerung der von der GbR gehaltenen Immobilie oder sonstigen Beteiligungen sind indes kein Löschungsgrund. Ziel des Gesellschaftsregisters ist es, dem praktischen Bedürfnis nach erhöhter Transparenz zu entsprechen.
Öffnung von OHG und KG für freie Berufe
Eine weitere Neuerung ist im Recht der OHG und KG zu verzeichnen: Während diese Gesellschaftsformen unter den Angehörigen der sog. freien Berufe aufgrund von Sonderregelungen bis dato nur von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern genutzt werden konnten, sollen zukünftig auch Rechtsanwälte und sonstige Angehörige freier Berufe in diesen Rechtsformen praktizieren können. Allerdings ist zu beachten, dass diese Möglichkeit unter einem Berufsrechtsvorbehalt steht. Das bedeutet, dass der für die einzelnen Berufsgruppen zuständige Gesetzgeber, Bund oder Land, diese Option in den jeweiligen Berufsordnungen zunächst noch einräumen muss. Dementsprechend sieht beispielsweise der am 20. Januar 2021 veröffentlichte Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ die Wahl der Rechtsform der Personenhandelsgesellschaften für Berufsausübungsgemeinschaften von Rechtsanwälten unter § 59 Abs. 2 Nr. 1 BRAO n.F. ausdrücklich vor. Die nun mögliche Umwandlung in eine GmbH & Co. KG mag für die ein oder andere Sozietät insbesondere im Hinblick auf eine im Vergleich zur Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung weitergehende Haftungsbeschränkung ein erfreulicher Ausblick sein. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass sich mit der Entscheidung für die Haftungsbeschränkung einer GmbH & Co. KG zugleich die Mindestsumme der Berufshaftpflichtversicherung von bisher EUR 500.000,00 auf EUR 2.500.000,00 erhöht. Ob mit der Öffnung der Personenhandelsgesellschaft daher tatsächlich ein Trend zum Rechtsformwechsel anwaltlicher Sozietäten eingeläutet wird, bleibt abzuwarten.
Reform des Beschlussmängelrechts
Schließlich soll noch auf die Neuregelungen im Beschlussmängelrecht der OHG und KG hingewiesen werden. Dies war bislang nicht kodifiziert. Daraus folgte, dass rechtsfehlerhafte Beschlüsse lediglich durch die allgemeine und unbefristete Feststellungsklage (§ 256 ZPO) angegriffen werden konnten. Diese mit Blick auf die Rechtssicherheit problematische Praxis soll nun ein Ende haben. Der Regierungsentwurf sieht insoweit vor, dass die bereits für die GmbH entsprechend geltenden aktienrechtlichen Regelungen der §§ 241 ff. AktG zur Anwendung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage auch im Personengesellschaftsrecht normiert werden sollen. Die subsidiäre Feststellungsklage wird dadurch freilich nicht obsolet: Bestehen Zweifel, ob und mit welchem Ergebnis überhaupt ein Beschluss gefasst wurde, kommt weiterhin nur die Feststellungsklage in Betracht. Die Übertragung dieses differenzierten Beschlussmängelsystems, das sich bei den Kapitalgesellschaften bewährt hat, auf die Personengesellschaften ist zu begrüßen. Zunächst ist vorgesehen, dass Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage im HGB geregelt werden; die GbR kann gesellschaftsvertraglich dazu optieren.
3. Resümee
Mit Fug und Recht darf man behaupten, dass die Gesetzesvorlage ein „großer Wurf“ ist. In der Reform des Personengesellschaftsrechts nach dem ReG-E bleibt kein Stein auf dem anderen. Die umfassende Revision der gesetzlichen Regelungen trägt dem Anspruch des Reformvorhabens, das teils noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Personengesellschaftsrecht an ein modernes und nachhaltiges Wirtschaftsleben anzupassen, in jeder Hinsicht Rechnung. Abschließend lässt sich sagen, dass die Konsolidierung und Anpassung des Personengesellschaftsrechts an die praktischen Bedürfnisse von Gesellschaft und Gesellschaftern für mehr Rechtssicherheit, die Einführung des neuen Gesellschaftsregisters für mehr Transparenz und die Öffnung der Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften für freie Berufe für mehr Gestaltungsspielraum sorgen.
Für Rückfragen zur Reform des Personengesellschaftsrechts stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte Sebastian Koch LL.M (Sebastian.Koch@rittershaus.net) und Julius Pieper (Julius.Pieper@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.