Soziale Medien im Internet erfreuen sich großer Beliebtheit. Ihre Nutzer tauschen Meinungen aus, teilen Eindrücke, berichten von Erfahrungen und verbreiten vielfältige Informationen. In erster Linie betrifft dies Waren oder Dienstleistungen sowie ihre entsprechenden Anbieter. Manche Plattformen gestatten es aber auch, Arbeitgeber zu bewerten. Die Bandbreite von im Internet erfolgenden Negativbewertungen ist (sehr) breit. Je nach Inhalt reicht sie von „unangenehm“ über „ärgerlich“ bis zu existenzgefährdend oder sogar – vernichtend. Dies gilt gerade auch für Arbeitgeber. Insoweit erfolgende Negativbewertungen tangieren unmittelbar nicht nur die eigene Belegschaft. Sie können sich vor allem auch auf an einem Arbeitsplatzwechsel zu einem bestimmten Arbeitgeber Interessierte auswirken – bei einem negativ bewerteten Unternehmen wird niemand arbeiten wollen. Zudem können sich Negativbeiträge auch nachteilig auf bereits bestehende Kundenbeziehungen oder die Akquisition neuer Kunden auswirken. Wer seine Belegschaft (vorgeblich) „schlecht behandelt“, „knechtet“, „ausbeutet“, „zu Abrechnungsbetrug anstiftet“ oder (angeblich) sonstige beanstandungswürdige Verhaltensweisen an den Tag legt, empfiehlt sich erfahrungsgemäß nicht unbedingt als vertrauensvoller Vertragspartner. Der gute Ruf als Arbeitgeber bedarf daher gerade auch in der virtuellen Welt besonderer Beachtung und Schutz. Zudem bildet eine gute Reputation einen bei der Wertbestimmung eines Unternehmens immer gewichtigeren Faktor.
Aufgrund gesetzgeberischer Vorgaben (§ 19 Abs. 2 TTDSG) gewährleistet das Internet eine anonyme oder unter Verwendung eines Pseudonyms erfolgende Benutzung der dort vorgehaltenen Dienste. Hierzu zählen gerade auch Bewertungsplattformen. Um eine unmittelbare persönliche Haftung für rechtswidrige Inhalte nach Möglichkeit auszuschließen, veröffentlichen Bewerter ihre Negativbeiträge dort daher nur selten unter ihrem Klarnamen. Die Identität der Täter bleibt somit meist unklar. Vermutungen in Bezug auf die Verantwortlichen genügen vielfach nicht für eine erfolgversprechende Beanstandung.
Welche Möglichkeiten bestehen, um Äußerungen von Plattformen löschen zu lassen?
Damit von reputationsschädigenden Äußerungen Betroffene sich dennoch gegen zu ihren Lasten erfolgende Bewertungen zur Wehr setzen können, hat die Rechtsprechung ein sehr ausdifferenziertes Beanstandungssystem entwickelt. Im Rahmen dieses „notice-and-take-down“-Verfahrens wird dabei der Betreiber einer Plattform detailliert über beanstandungswürdigen Content im Rahmen seines Verantwortungsbereichs informiert. Gleichzeitig wird er zu einer entsprechenden Löschung aufgefordert. Käme er dieser Forderung nicht nach, würde er dem Betroffenen gegenüber selbst insbesondere auf Unterlassung der inkriminierten Äußerungen haften. Um einer diesbezüglichen Inanspruchnahme zu entgehen, löschen die Betreiber daher in einer sehr großen Anzahl von Fällen auf eine entsprechende Verwarnung hin beanstandete Inhalte. Hierbei handelt es sich meist um unwahre Tatsachenbehauptungen, Formalbeleidigungen oder auf eine gezielte Herabsetzung der Betroffenen ausgerichtete Schmähkritik.
Unter bestimmten Umständen lassen sich auch Meinungsäußerungen unterbinden – dies vor allem dann, wenn sie auf Basis einer unzutreffenden Tatsachengrundlage erfolgen. Bemängelt daher etwa eine Bewertung über einen Arbeitgeber den angeblich „schlechten Geschmack“ des Kantinenessens, handelt es sich insoweit für sich genommen sicherlich um eine dem Recht auf freie Meinungsäußerung unterfallende Aussage. Denn der „Geschmack“ eines Menschen ist allein subjektiven Empfindungen und Wahrnehmungen geschuldet. Er lässt sich daher nicht wie eine Tatsache mit Beweismitteln auf seine Richtigkeit überprüfen. Verfügt der Arbeitgeber aber gar nicht über eine Kantine, mangelt es der Geschmackskritik an der erforderlichen Grundlage auf Tatsachenebene. Die auf den „ersten“ Blick als hinzunehmende Meinungsäußerung wahrgenommene Aussage über das Essen lässt sich dann kritisch hinterfragen und beanstanden.
Welche Maßnahmen sind gegenüber Arbeitnehmern möglich, die Aussagen im Internet veröffentlichen?
Auch im Arbeitsverhältnis gilt, dass die Meinungsfreiheit grundsätzlich geschützt ist. Hingegen darf ein Arbeitnehmer auf keinen Fall falsche Tatsachenbehauptungen im Internet aufstellen oder sog. Formal- oder Schmähkritik äußern. Auch die Meinungsfreiheit ist durch die dem Arbeitnehmer obliegenden vertraglichen Rücksichtnahmepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber beschränkt. Was vorgeht, also die Meinungsfreiheit oder die Rücksichtnahmepflicht, muss anhand jeder Äußerung im Einzelfall geprüft werden. Insbesondere sind Arbeitnehmer verpflichtet, Kritik im ersten Schritt innerbetrieblich zu äußern, bevor sie damit in die Öffentlichkeit gehen und diese gar in Bewertungsportalen zum Besten geben. Handelt es sich im Einzelfall um unzulässige, d.h. nicht von der Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen des Arbeitnehmers im Internet, steht dem Arbeitgeber das gesamte arbeitsrechtliche Maßnahmenspektrum von einer Ermahnung bis hin zum Ausspruch einer Kündigung zur Verfügung – unter Berücksichtigung des Einzelfalls und Abwägung der Interessen. Eine untergeordnete, kritische Äußerung (z.B. „Mir gefallen die Blumen im Vorgarten des Verwaltungsgebäudes nicht“) rechtfertigen im ersten Schritt nur eine Abmahnung. „Krasse“ Aussagen können in Ausnahmefällen („Dummschwätzer“ ist laut Rechtsprechung z.B. nicht ausreichend) unter Beachtung der Umstände des Falles auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Was allerdings kann der Arbeitgeber tun, wenn er nur vermutet, dass hinter einem Pseudonym, unter dem verunglimpfende Äußerungen im Internet erfolgen, ein Arbeitnehmer steckt? Hier greifen – je nach Schwere des Falls – die Grundsätze der sog. Verdachtskündigung. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Schritte zur Aufklärung ergreifen, insbesondere also Indizien sammeln, weshalb ein bestimmter Arbeitnehmer der Verwender des Pseudonyms ist, Auskunft bei dem Betreiber der Plattform einfordern und – das ist eine zwingende Voraussetzung für eine sog. Verdachtskündigung – den Arbeitnehmer anhören. Nur mit einer Anhörung kann dann geprüft werden, ob die Anhaltspunkte für den Verdacht so dringend sind, dass auf dieser Basis – wenn die Äußerung denn „krass“ ist – eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Bei einer Verdachtskündigung die als außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll, ist aber immer Vorsicht mit Blick auf die zwei-wöchige Kündigungserklärungsfrist geboten. Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber nämlich binnen zwei Wochen kündigen, sobald ihm der dringende, auf einen bestimmten Arbeitnehmer fallende Verdacht bekannt ist. Ermittelt der Arbeitnehmer weiter, riskiert er, dass eine außerordentliche Kündigung wegen Missachtung der 2-Wochen-Frist unwirksam ist. Deshalb sollte in diesem Fall immer „schneller“ gekündigt, anschließend weiter ermittelt und dann bei Bedarf weitere Kündigungsgründe nachgeschoben werden.
Im Ergebnis sind Arbeitgeber bei Veröffentlichungen im Internet, die geeignet sind, den Ruf zu schädigen, immer gut beraten, wenn sie schnellstmöglich alle Sachverhaltskomponenten zusammentragen, dabei auch zusammenstellen, welche Punkte offen sind, und dann prüfen, welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden sollen.
Blogbeitrag von Rechtsanwältin Dr. Annette Sättele (Partnerin, Fachanwältin für Arbeitsrecht) und Rechtsanwalt Henrik Steffen Becker (Partner, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz)