Beschäftigtendatenschutz ist für Arbeitgeber seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (kurz DSGVO) ein besonders Zeit und Ressourcen raubendes Thema, welches an Arbeitgeber zahlreiche Anforderungen an die Erhebung, Speicherung oder Löschung von Arbeitnehmerdaten stellt.
Dabei stellt sich die Frage: Wie kann ein Arbeitgeber verhindern, dass dieser Aufwand sogar noch als Mittel gegen ihn eingesetzt wird …?
Was sind „personenbezogene Daten“ im Arbeitsverhältnis?
Zentral bei allen Fragen rund um den Auskunftsanspruch ist der Begriff der (von der DSGVO geschützten) „personenbezogenen Daten“ (Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
Personenbezogene Daten entstehen zwangsläufig andauernd im Arbeitsverhältnis und können sich schnell zu einer unüberschaubaren Menge summieren. Denn unter den Begriff der „personenbezogenen Daten“ fallen nicht nur sämtliche Informationen, die sich aus der Personalakte eines Arbeitnehmers ergeben (u.a. Bewerbungsunterlagen, dienstliche Beurteilungen und Informationen über Krankheitstage und Fehlzeiten), sondern schlicht „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“ (Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Darunter fällt zum Beispiel jede einzelne dienstliche E-Mail, die ein Arbeitnehmer schreibt oder empfängt. Bei einer gewissen Betriebszugehörigkeit kann sich dies schnell auf tausende E-Mails summieren.
Recht auf Auskunft – Art. 15 DSGVO
Damit ein Arbeitnehmer seine eventuellen Rechte auf Berichtigung, Löschung und Sperrung dieser Daten geltend machen kann, steht ihm nach Art. 15 DSGVO ein Auskunftsanspruch zu. Neben der Bestätigung, dass personenbezogene Daten verarbeitet wurden, kann ein Arbeitnehmer gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO zudem verlangen, dass der Arbeitgeber eine Kopie dieser Daten zur Verfügung stellt.
Genau diesen Anspruch nutzen, so die Erfahrungen der jüngsten Zeit, Arbeitnehmer neuerdings gerne in Kündigungsschutzverfahren, um ihre Verhandlungsposition hinsichtlich der Konditionen einer eventuellen einvernehmlichen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Wege eines Vergleichs zu verbessern. Gut beratene Arbeitnehmer wissen, dass das Erstellen einer Kopie sämtlicher durch ihren Arbeitgeber erhobenen personenbezogenen Daten nicht nur Aufwand, sondern auch Kosten mit sich bringt und hegen deshalb die Hoffnung, dass der Arbeitgeber sein Abfindungsangebot erhöht, um sich dies zu ersparen.
Grenzen des Auskunftsanspruchs
Diskutiert werden Grenzen, die einem solchen Auskunftsverlangen entgegenstehen könnten, denn das Missbrauchsrisiko liegt auf der Hand – höchstrichterliche Rechtsprechung von Bundesarbeitsgericht oder Bundesgerichtshof gibt es hierzu jedoch noch nicht.
Instanzgerichte haben die Reichweite des Auskunftsanspruchs sowie dessen Grenzen höchst unterschiedlich beurteilt.
Arbeitgeberfreundlich hat das Arbeitsgericht Düsseldorf (Urt. v. 5. März 2020 – 9 Ca 6557/18) unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben entschieden, dass das Leistungsinteresse des Arbeitnehmers in grobem Missverhältnis zum Aufwand des Arbeitgebers stünde, die personenbezogenen Daten auf diversen Medien (Smartphones, Notebooks, Speichermedien etc.) zu suchen und in Kopie herauszugeben. Dennoch sprach das Gericht dem Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch von insgesamt EUR 5.000,00 zu – weil die Auskunft über die verarbeiteten Daten zum einen mehrere Monate zu spät und zum anderen nur mangelhaft erteilt wurde.
Eine Grenze des Auskunftsanspruchs können zudem berechtigte Interessen Dritter bilden (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 und 2 BDSG). Einschlägig ist dies z.B., wenn ein Arbeitgeber Whistleblowern Anonymität zugesichert hat. Solche berechtigten Interessen Dritter können, müssen aber nicht, das Auskunftsinteresse eines Arbeitnehmers überwiegen. Das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18) hat hierzu – arbeitnehmerfreundlich – geurteilt, dass ein Arbeitgeber zu diesem Gesichtspunkt konkreten Sachverhalt vortragen muss, der ein Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich bestimmter personenbezogener Daten begründe – ein pauschaler Hinweis auf die notwendige Anonymität von Hinweisgebern reiche nicht aus.
Als weitere Grenze kommt der Einwand des Rechtsmissbrauchs in Betracht, insbesondere, wenn sich aus einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang ergibt, dass die Geltendmachung des Anspruchs vor allen Dingen erfolgt, um Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen.
Praxistipp
Bis das Bundesarbeitsgericht Detailfragen zu Grenzen und Reichweite des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO geklärt hat, sind Arbeitgeber jedenfalls gut beraten, die folgenden Punkte zu beachten:
- Präventiv: Arbeitgeber sollten sich darauf einstellen, mit datenschutzrechtlichen Auskunfts- bzw. Herausgabeverlangen konfrontiert zu werden. Es empfiehlt sich, vorbeugend eine Struktur zu schaffen oder bereitzuhalten, die es ermöglicht Auskunftsanträge effizient und in kurzer Zeit zu bearbeiten. Dies kann namentlich durch die frühzeitige Erstellung der ebenfalls zwingend erforderlichen Verarbeitungsverzeichnisse (Art. 30 DSGVO) vorbereitet werden.
- Akut: Wird ein Anspruch nach Art. 15 DSGVO gestellt, muss der Arbeitgeber diesem innerhalb von einem Monat (bei Fristverlängerung drei Monaten) nachkommen (Art. 12 Abs. 3 DSGVO) – andernfalls drohen Schadensersatzansprüche. Lehnt der Arbeitgeber den Anspruch ab, kann der Arbeitnehmer bei einer Aufsichtsbehörde Beschwerde einlegen oder vor Gericht ziehen (Art. 77, 79 DSGVO). Angesichts der Höhe behördlich verhängter Bußgelder ist dem Arbeitgeber nicht zu empfehlen, es darauf ankommen zu lassen.
- Situativ: Falls Daten herausgegeben werden, die Rechte anderer Arbeitnehmer oder Dritter berühren, sollten die entsprechenden Stellen unkenntlich gemacht oder geschwärzt werden.
- Prozessual: Wenn ein Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren Ansprüche nach Art. 15 DSGVO geltend macht und es zu einer gütlichen Einigung kommt, sollte der Verzicht auf den Auskunftsanspruch ausdrücklich mitgeregelt werden. Gleiches gilt auch für außergerichtliche Verhandlungssituationen. Auch hier sind intelligente Abgeltungsklauseln gefragt, die die geschilderten Risiken bestmöglich ausschließen.
Auch wenn kein Arbeitgeber vor Mitarbeitern gefeit ist, die ihre Rechte ausgiebig und unter bewusster Strapazierung der Ressourcen des Arbeitgebers ausreizen, kann eine gute Vorbereitung Vorteile im Prozess mit sich bringen.
Bei allen Fragen und bei Beratungsbedarf zum Thema stehen Ihnen Rechtsanwältin Charlotte von Erdmann (mailto: charlotte.erdmann@rittershaus.net) und Rechtsanwalt Eler von Bockelmann (mailto: eler.bockelmann@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.