Nach langen kontrovers geführten Diskussionen hat der Bundestag am 11. Juni 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten verabschiedet („Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ – LkSG). Das LkSG verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe, ihre Lieferkette auf menschenrechts- und umweltbezogene Risiken zu überprüfen und dazu beizutragen, dass menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken verhindert, beendet oder minimiert werden. Unternehmen müssen zwar nicht garantieren, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechte oder umweltbezogene Pflichten verletzt werden. Sie müssen aber nachweisen können, dass sie die in den §§ 4 bis 10 des Gesetzes näher beschriebenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise beachten.
Bedeutung für die Praxis
Unternehmen sind nach dem LkSG verpflichtet, ein wirksames Risikomanagement im Hinblick auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken einzurichten, laufend Risikoanalyse zu betreiben und im Hinblick auf die erkannten unternehmensspezifischen Risiken angemessene und wirksame Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und einzuführen. Dazu gehört etwa die Entwicklung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken, die regelmäßige Durchführung von Schulungen und entsprechenden Kontrollmaßnahmen. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist einmal im Jahr sowie anlassbezogen zu überprüfen.
Das LkSG stellt viele Unternehmen damit vor die Herausforderung, die bislang bestehenden internen Compliance-Prozesse im Hinblick auf die Neuerungen durch das LkSG zu prüfen und entsprechend anzupassen. Gleiches gilt für die Änderungen, die in Verträgen, Einkaufsbedingungen sowie in den Lieferantenkodizes umgesetzt werden müssen. Sind bestehende Compliance-Prozesse bisher auf abstrakte produkt- und länderspezifische Risiken ausgelegt, müssen aus dem LkSG nun erstmals Kriterien abgeleitet werden, nach denen konkrete Vertragspartner auf Risiken hin überprüft werden können.
Gleichzeitig müssen die internen Prozesse durch Schaffung entsprechender Zuständigkeiten, gegebenenfalls unter Verstärkung des Personals oder mittels externer Berater, aktualisiert werden, um das Risikomanagement laufend anzupassen und die Einhaltung der Sorgfalts- und der Dokumentationspflichten sicherzustellen. Auch wenn hier Dokumentenmanagementsysteme und KI-gestützte Tools dabei helfen können, ersetzen sie doch nicht die notwendige Vor-Analyse der Anforderungen des LkSG und die laufende Überprüfung, um die Kriterien abzuleiten, die in die entsprechenden Tools „eingespeist“ werden müssen.
Die Unternehmen müssen sich parallel darauf einstellen, dass gegebenenfalls noch Änderungen des LkSG erfolgen, wenn eine entsprechende europäische Regelung erlassen wird. Diese wurde von der Europäischen Kommission für nach der Sommerpause 2021 angekündigt und in dem vom Europäischen Parlament vorgelegten Entwurf zeichnen sich bereits Verschärfungen gegenüber dem deutschen LkSG ab, die der deutsche Gesetzgeber wird berücksichtigen müssen. Dies gilt insbesondere für den bislang sehr viel weiteren Anwendungsbereich der Richtlinie hinsichtlich der erfassten Unternehmen, für die Definition der Wertschöpfungskette und die zu überprüfenden Geschäftsbeziehungen der Unternehmen und die in der EU-Richtlinie fehlenden Regelungen zum Ausschluss der zivilrechtlichen Haftung.
Wesentliche Inhalte des LkSG
I. Anwendungsbereich
Das LkSG tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und erfasst alle Unternehmen ungeachtet ihrer Rechtsform, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben und in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen; ins Ausland entsandte Arbeitnehmer sind erfasst. Darüber hinaus gilt das Gesetz für Unternehmen, die eine Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB im Inland haben und in dieser Zweigniederlassung regelmäßig mindestens 3.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Leiharbeitnehmer sind zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.
Ab dem 1. Januar 2024 verringern sich die Schwellenwerte auf jeweils 1.000 Arbeitnehmer.
Bei verbundenen Unternehmen (i. S. d. §§ 15 ff. Aktiengesetz) sind für die Berechnung der Arbeitnehmerzahl bei der Obergesellschaft die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften zu berücksichtigen.
II. Definition der Lieferkette
Die Lieferkette umfasst nach dem LkSG alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens und alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind. Dies erstreckt sich auf:
- das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
- das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und
- das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.
Eigener Geschäftsbereich: Der eigene Geschäftsbereich bezieht jedes Handeln des Unternehmens zur Erreichung des Unternehmensziels ein. Dies erstreckt sich auf jede Tätigkeit zur Herstellung und Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. In verbundenen Unternehmen zählt zum eigenen Geschäftsbereich der Obergesellschaft eine konzernangehörige Gesellschaft, wenn die Obergesellschaft auf die konzernangehörige Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt.
HINWEIS: Der aus dem Kartell- sowie aus dem Umweltrecht bekannte Begriff des „bestimmenden Einflusses“ ist weit zu verstehen. Nach dem LkSG ist hierfür eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen, personellen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen Ober- und Untergesellschaft vorzunehmen. Der bestimmende Einfluss kann nach der Gesetzesbegründung auch darin liegen, dass der Geschäftsbereich der Untergesellschaft dem Geschäftsbereich der Obergesellschaft entspricht, etwa, weil die Untergesellschaft die gleichen Produkte erstellt und verwertet oder die gleichen Dienstleistungen erbringt wie die Obergesellschaft.
Unmittelbarer Zulieferer: Unmittelbarer Zulieferer ist jeder Vertragspartner, dessen Lieferungen für die Herstellung des Produktes oder die Erbringung der Dienstleistung notwendig sind.
Mittelbare Zulieferer: Mittelbare Zulieferer sind alle Kontakte entlang der Lieferkette des Unternehmens, zu denen keine direkte Vertragsbeziehung besteht, deren Zulieferungen für die Herstellung der Produkte des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme seiner Dienstleistungen notwendig sind.
HINWEIS: Die unten näher beschriebenen Sorgfaltspflichten (Risikoanalyse/ Präventions-/Abhilfemaßnahmen) treffen die Unternehmen hinsichtlich ihrer mittelbaren Zulieferer nur, wenn sie „substantiierte Kenntnis“ von tatsächlichen Anhaltspunkten haben, die eine Verletzung oder einen Verstoß gegen eine menschenrechts- oder umweltbezogene Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen lassen. Substantiierte Kenntnis liegt nach der Gesetzesbegründung vor, wenn dem Unternehmen überprüfbare und ernst zu nehmende Informationen über eine mögliche menschenrechtliche oder umweltbezogene Verletzung bei mittelbaren Zulieferern vorliegen (etwa durch Berichte über Menschenrechtsverletzungen in der betreffenden Region oder Branche). Einzelheiten zu den Pflichten gegenüber mittelbaren Zulieferern können nach dem LkSG durch Rechtsverordnung geregelt werden, auch wenn gegen diese Regelungskompetenz bereits verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet wurden.
HINWEIS: Die Absatzkette („downstream“-Lieferkette), d. h. der Vertriebsweg hin zum Endkunden über die Distributoren (Vertriebshändler), ist nicht von der Lieferkette i.S.d. LkSG erfasst. Zwar finden sich Aussagen in der Gesetzesbegründung zu den Distributoren, die dies suggerieren. Diese Schlussfolgerung findet aber keine Stütze im Gesetzeswortlaut. Anders ist dies dagegen im entsprechenden europäischen Entwurf: nach dessen ausdrücklichen Wortlaut bezieht er die gesamte Wertschöpfungskette ein, d.h. sowohl die Produktions- als auch die Absatzkette. Es ist daher zu erwarten, dass sich der deutsche Gesetzgeber mit dieser Thematik noch einmal auseinandersetzen und das LkSG daraufhin anpassen muss.
III. Sorgfaltspflichten
Die wesentlichen Sorgfaltspflichten, die die Unternehmen im Rahmen ihrer Compliance beachten müssen, umfassen die Einrichtung eines Risikomanagements, dessen Kern die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen zum Gegenstand hat, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen sowie die Ergreifung von Abhilfemaßnahmen, die Einrichtung eines Beschwerdesystems und zuletzt die Erfüllung von Dokumentations- und Berichtspflichten. Allgemein hat das Unternehmen die Sorgfaltspflichten „in angemessener Weise zu beachten“. Die Angemessenheit bestimmt sich nicht nach der objektiven „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“, sondern ist für jedes Unternehmen abhängig von Art und Umfang der jeweiligen Geschäftstätigkeit, Einflussmöglichkeiten, zu erwartender Schwere der Verletzung sowie der Art des Verursachungsbeitrages des jeweiligen Unternehmens individuell festzustellen. Die Durchführung einer individuellen Risikoanalyse nach dem LkSG ist daher überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen erkennen kann, wie hoch die von ihm einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen tatsächlich sind.
Einrichtung eines Risikomanagements: Nach dem LkSG sind die Unternehmen verpflichtet, ein angemessenes und wirksames Risikomanagement zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten einzurichten.
Fortlaufende Risikoanalyse: Teil des Risikomanagements ist die Risikoanalyse, mittels derer die Unternehmen ihre Lieferkette fortlaufend auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken überprüfen müssen. Die bei der Risikoanalyse ermittelten Risiken sind angemessen zu gewichten und zu priorisieren. Die Priorisierung der Risiken ist Grundlage für die daran anknüpfenden Handlungspflichten der Unternehmen und gibt folglich die Reihenfolge der „Abarbeitung“ vor, sollten die Unternehmen nicht alle Risiken parallel adressieren können. Bei der Priorisierung spielen insbesondere die potenzielle Schwere der Verletzung und der Verursachungsbeitrag des Unternehmens eine Rolle.
Die Risikoanalyse ist einmal im Jahr sowie anlassbezogen durchzuführen, wenn das Unternehmen „mit einer wesentlich veränderten oder wesentlich erweiterten Risikolage in der Lieferkette rechnen muss“. Die Ergebnisse der Risikoanalyse müssen an die maßgeblichen Entscheidungsträger weitergegeben werden. Dies sind in der Regel die Leitungsorgane; im Gesetz und der Gesetzesbegründung genannt werden aber auch die Einkaufs- und die Compliance-Abteilung.
Präventionsmaßnahmen: Wurden im Rahmen der Risikoanalyse Risiken festgestellt, muss das Unternehmen mit angemessenen Präventionsmaßnahmen reagieren. Zu den Präventionsmaßnahmen zählt insbesondere die Implementierung der in der von den Unternehmen abzugebenden Grundsatzerklärung dargelegten Menschenrechtsstrategie in den relevanten Geschäftsabläufen im eigenen Geschäftsbereich. Da der eigene Geschäftsbereich auch konzernangehörige Gesellschaften erfasst, auf die die Obergesellschaft bestimmenden Einfluss ausüben kann, erstreckt sich diese Pflicht der Obergesellschaft auch auf die Verankerung der Menschenrechtsstrategie innerhalb der betreffenden Untergesellschaften. Unternehmen sind darüber hinaus zur Durchführung von Schulungen in den relevanten Geschäftsbereichen verpflichtet. Gegenüber unmittelbaren Zulieferern nennt das Gesetz als Beispiele für Präventionsmaßnahmen die Verpflichtung der Zulieferer auf die Einhaltung der vom Unternehmen festgelegten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen sowie die Überprüfung der Einhaltung dieser Verpflichtung.
HINWEIS: Bestehende Verhaltenskodizes für Lieferanten („Supplier Code of Conducts“) und Vertragsregelungen sollten auf die Anforderungen des LkSG hin überprüft und entsprechende Compliance- und Audit-Klauseln gegebenenfalls überarbeitet beziehungsweise ergänzt werden.
Abhilfemaßnahmen: Werden Verletzungen der menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflichten festgestellt (sei es im Rahmen der Risikoanalyse, sei es auf anderem Wege), muss das Unternehmen unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen ergreifen, um die Verletzung zu beenden oder zumindest zu minimieren. Was im Einzelfall „angemessen“ ist, bestimmt sich nach der individuellen Unternehmens- und Risikosituation. Je stärker das Unternehmen Einfluss nehmen kann, je wahrscheinlicher und schwerer die zu erwartende Verletzung der geschützten Rechtsposition ist und je größer der wahrscheinliche Verursachungsbeitrag, desto größere Anstrengungen muss das Unternehmen anstellen, um die Verletzung zu minimieren respektive zu beenden. Gleichzeitig kann eine angemessene Abhilfemaßnahme nach dem LkSG auch darin bestehen, Anstrengungen zu unternehmen, um das eigene Einflussvermögen zu erhöhen. Das Gesetz nennt hier im Zusammenhang mit dem unmittelbaren Zulieferer ausdrücklich den Zusammenschluss mit anderen Unternehmen im Rahmen von Brancheninitiativen.
Bemühens- oder Erfolgspflichten? Im eigenen Geschäftsbereich muss die Abhilfemaßnahme stets (bei Unternehmen im Ausland und bei verbundenen Unternehmen nur in der Regel) zur Beendigung der Verletzung führen. Dies bedeutet, dass die Obergesellschaft sicherstellen muss, dass Verletzungen durch mit ihr verbundene Unternehmen, auf die sie einen bestimmenden Einfluss ausüben kann, durch entsprechend verankerte Maßnahmen grundsätzlich auch beseitigt werden.
HINWEIS: Unternehmen müssen nach dem LkSG nicht garantieren, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechte oder umweltbezogene Pflichten verletzt werden. Sie müssen aber nachweisen können, dass sie die im LkSG näher geregelten Sorgfaltspflichten umgesetzt haben, die unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation machbar und angemessen sind. Gleichzeitig fordert das LkSG bei Verletzungen in manchen Bereichen von den Unternehmen einen konkreten Erfolg, etwa die Beendigung der Verletzung oder – in bestimmten Fällen gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer – den Abbruch der Geschäftsbeziehung. In diesen Konstellationen darf der Erfolg nur dann ausbleiben, wenn die Beendigung unmöglich ist oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann. Je nach Verletzung sind die Anforderungen an die geschuldeten Bemühungen daher unterschiedlich hoch.
Menschenrechtsbeauftragter: Die Unternehmen müssen intern an den entscheidenden Schnittstellen (Compliance-Abteilung, Einkauf, Vorstand) Zuständigkeiten schaffen, die die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem LkSG überwachen. Die Benennung eines Menschenrechtsbeauftragen, der direkt der Geschäftsleitung unterstellt und für die Überwachung des Risikomanagements zuständig ist, ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber vom Gesetz als möglich vorgeschlagen und dürfte in der Praxis in den meisten Fällen dringend zu empfehlen sein. Die Geschäftsleitung hat sich anlassbezogen, mindestens aber einmal jährlich bei den zuständigen Personen über deren Arbeit zu informieren.
Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens: Die Unternehmen müssen ein internes Beschwerdeverfahren einrichten, welches es Personen (auch externen, etwa NGOs) ermöglicht, dem Unternehmen Verletzungen und Risiken zu melden. Alternativ können sich Unternehmen an entsprechenden externen Beschwerdeverfahren beteiligen. Hinweise auf menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken und Pflichtverletzungen, die durch das wirtschaftliche Handeln eines mittelbaren Zulieferers entstanden sind, muss das Unternehmen über das Beschwerdeverfahren ebenfalls entgegennehmen können. Mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens müssen Personen betraut sein, die Gewähr für unparteiisches Handeln bieten, die unabhängig und nicht an Weisungen gebunden sind. Werden über das Beschwerdeverfahren Hinweise auf Risiken geschützter Rechtspositionen bekannt, ist das Unternehmen verpflichtet, sein Risikomanagement daraufhin zu überprüfen und entsprechende Präventions- bzw. Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Unternehmen sind gut beraten, sich darauf vorzubereiten, dass sie etwa über NGOs entsprechende Hinweise erhalten werden, auf die sie nach Maßgabe der §§ 3 ff. LkSG reagieren müssen.
Dokumentations- und Berichtspflichten: Die Unternehmen haben jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen und diesen spätestens vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres bei der zuständigen Behörde (dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA) einzureichen und auf der Unternehmenswebseite für einen Zeitraum von sieben Jahren kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen. In dem Bericht sind bestimmte Mindestangaben zu machen, insbesondere zu den festgestellten Risiken und Verletzungen sowie den Maßnahmen zu deren Abhilfe. Die Mindestangaben entfallen, wenn das Unternehmen
keine Risiken festgestellt und dies in seinem Bericht plausibel dargelegt hat.
Behördliche Kontrolle: Die Behörde ist berechtigt, Personen zu laden und die Herausgabe von Unterlagen zu verlangen, die die Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz benötigt. Diese Verpflichtung erstreckt sich ausdrücklich auch auf Auskünfte über verbundene Unternehmen, unmittelbare und mittelbare Zulieferer und die Herausgabe von Unterlagen dieser Unternehmen, soweit das auskunfts- und/oder herausgabepflichtige Unternehmen respektive die auskunfts- oder herausgabepflichtige Person die Information zur Verfügung hat oder auf Grund bestehender vertraglicher Beziehungen zur Beschaffung der verlangten Informationen in der Lage ist. Ferner ist die Behörde zum Betreten der Geschäftsräume berechtigt.
Auch die Behörde berichtet einmal jährlich über die in im vorausgegangenen Kalenderjahr erfolgten Kontroll- und Durchsetzungstätigkeiten und veröffentlicht diese Berichte auf ihrer Website. Die Berichte sollen die festgestellten Verstöße und angeordnete Abhilfemaßnahmen aufführen, jedoch nicht die jeweils betroffenen Unternehmen selbst.
IV. Haftung und Bußgeldtatbestände
Zivilrechtliche Haftung:
Eine eigene zivilrechtliche Haftung schafft das LkSG nicht. Dies wurde im Gesetz ausdrücklich klargestellt.
HINWEIS: Dies bedeutet indes nicht, dass bei Verstößen gegen das LkSG eine zivilrechtliche Haftung in Gänze entfällt. Es verbleibt vielmehr – das stellt auch das LkSG klar – bei den unabhängig vom LkSG bestehenden Haftungsregelungen. Hierzu gehört allen voran das Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB), aber auch interne Haftungsregelungen der Geschäftsleitung gegenüber den verpflichteten Unternehmen bleiben unberührt (§ 93 AktG, § 43 GmbHG). Beachtet die Geschäftsleitung eines Unternehmens daher schuldhaft die Bestimmungen des LkSG nicht und verursacht der Gesellschaft dadurch einen Schaden, ist sie gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Das Haftungsrisiko ist für Unternehmen trotz des im Gesetzgebungsverfahren in letzter Minute eingefügten Haftungsausschlusses deshalb erheblich, weil deutsche Gerichte für Schadenersatzklagen regelmäßig zuständig sind und auf zivilrechtliche Haftungsansprüche in der Regel aber ausländisches Recht Anwendung finden wird. Denn nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO gilt das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort); das wird bei Schäden aus der Verletzung menschenrechtlicher oder umweltbezogener Pflichten in den seltensten Fällen Deutschland sein.
Bußgeldtatbestände und Sanktionen: Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten drohen den Unternehmen umfassende Sanktionen:
- Ausschluss von der Vergabe von öffentlichen Aufträgen für bis zu 3 Jahre
- Bußgelder bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verstoß in Höhe von bis zu
- EUR 800.000,00 gegenüber natürlichen Personen bzw. EUR 8 Mio. gegenüber juristischen Personen und Personenvereinigungen bei nicht oder nicht rechtzeitigem Ergreifen von Präventions- oder Abhilfemaßnahmen oder Umsetzung eines Abhilfekonzepts (gegenüber Zulieferern) sowie bei fehlender Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens;
- EUR 500.000,00 gegenüber natürlichen Personen bzw. EUR 5 Mio. gegenüber juristischen Personen und Personenvereinigungen bei fehlender Benennung einer zuständigen Stelle zur Überwachung des Risikomanagements, verspäteter Risikoanalyse oder Aktualisierung der Maßnahmen infolge der von den Unternehmen vorzunehmenden Wirksamkeitskontrolle;
- EUR 100.000,00 gegenüber natürlichen Personen, juristische Personen und Personenvereinigungen in allen übrigen Fällen, u.a. bei Verstößen gegen die Berichts und Dokumentationspflichten.
Bei nicht oder nicht rechtzeitig ergriffenen Abhilfemaßnahmen kann die Geldbuße bei einer juristischen Person oder Personenvereinigung mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von EUR 400 Millionen abweichend von den vorstehenden Regelungen sogar bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen. Hierfür ist der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen sowie aller Personenvereinigungen der letzten drei Geschäftsjahre, die der Behördenentscheidung vorausgehen, zugrunde zu legen, soweit diese Personen und Personenvereinigungen als wirtschaftliche Einheit operieren. Der durchschnittliche Jahresumsatz kann von der Behörde geschätzt werden.
HINWEIS: Die umfassenden Bußgeldvorschriften setzen die bereits in anderen Rechtsbereichen zu Tage getretenen Entwicklungen zu umsatzbezogenen Bußgeldobergrenzen fort. Im Hinblick darauf, dass der eigene Geschäftsbereich auf die konzernangehörigen Gesellschaften erstreckt wurde, sind bestimmte Maßnahmen auch in den Geschäftsabläufen der Untergesellschaften zu implementieren. Wie die Obergesellschaft dies (insbesondere im faktischen Konzern mangels Weisungsbefugnis) sicherstellen soll und inwieweit die Obergesellschaft bei Nichterfüllung ihrer Pflichten neben der von ihr kontrollierten Untergesellschaft (mit-)haften oder bußgeldrechtlich belangt werden kann, lassen Gesetz und Gesetzesbegründung unbeantwortet. Hier wird man, bis entsprechende verlässliche Judikatur vorliegt, als Obergesellschaft vorsorglich alle zumutbaren Anstrengungen ergreifen müssen, um die Maßnahmen auch auf den von ihr kontrollierten konzernangehörigen Gesellschaften umzusetzen.
Aufgrund des umfassenden Pflichtenprogramms und des erheblichen Sanktionsrisikos sollten sich die Unternehmen frühzeitig mit dem neuen Gesetz auseinandersetzen, um die notwendigen Änderungen in die Wege zu leiten.
In diesem Zusammenhang bietet RITTERSHAUS an, Sie mittels einer Schulung beim Aufbau eines auf Ihr Unternehmen zugeschnittenen Systems zur Beachtung der Sorgfaltspflichten aus dem LkSG zu unterstützen.
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