Bei der Entscheidung für ein bestimmtes Produkt bringen die Verkehrskreise dem positiven Werturteil eines Dritten ganz besonderes Vertrauen entgegen. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich dabei um die Stiftung Warentest oder ein anderes angesehenes Testinstitut handelt.
Vor diesem Hintergrund knüpft die Rechtsprechung den werblichen Einsatz von Testergebnissen an strenge Voraussetzungen. Nach geltendem Recht darf nämlich über die Ergebnisse und wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das Produkt unterzogen worden ist, nicht in die Irre geführt werden. Damit verbieten sich etwa werbliche Bezugnahmen auf „veraltete“ Testergebnisse. Entspricht das getestete nicht dem beworbenen Produkt, gibt es für die präsentierte Ware ein neueres Testergebnis und/oder verzichtet die Werbung auf einen deutlich wahrnehmbaren Hinweis zum Zeitpunkt der Testergebnisveröffentlichung, kann die Schwelle zu einer angreifbaren Marketingmaßnahme sehr schnell überschritten sein. Selbiges mag gelten, wenn die werbliche Darstellung des Testergebnisses zu einem „schiefen“ Bild führt. Dies ist etwa der Fall, wenn die Werbung einen (singulären) Testsieger proklamiert, die Untersuchung aber mehrere gleichrangige Erstplatzierungen zu Tage gefördert hat. Ebenso irreführend kann die Werbung mit einem Testergebnis sein, wenn die Werbung eine Information über die Platzierung eines Produkts im Gesamtzusammenhang des Tests ausspart. Eine weitere, in vielfacher Hinsicht Anlass zu rechtlichen Diskussionen bietende „Fehlerquelle“ ist die Angabe der exakten Testfundstelle. Diese muss in der Werbung eindeutig und leicht feststellbar erfolgen. Denn nur in diesem Fall besitzen die Verkehrskreise die Möglichkeit, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen und dabei zu erfahren, wie sich die Bewertung des Erzeugnisses in das Umfeld der anderen im Rahmen der Untersuchung getesteten Produkte einfügt. Fehlt eine solche Angabe, erweist sich die Fähigkeit der Verkehrskreise zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung als spürbar beeinträchtigt.
In seiner Entscheidung „Testsiegel auf Produktabbildung“ vom 15. April 2021 hat sich der BGH mit einem die Überschrift „TESTSIEGER“ tragenden Testsiegel befasst. Dieses Siegel hat sich auf der in einem Werbeprospekt abgebildeten Produktverpackung gefunden. Die eigentliche Testfundstelle ist dabei nicht erkennbar angegeben worden. Hierin hat der BGH mit den Vorinstanzen einen Verstoß gegen die Bestimmung des Lauterkeitsrechts erkannt. Er hat betont, dass es nach seiner ständigen Rechtsprechung erforderlich ist, die Testfundstelle so anzugeben, dass die Verkehrskreise sie leicht, somit insbesondere ohne weitere Zwischenschritte auffinden können. Dies gilt aus Sicht des BGH auch im Digitalzeitalter und der hier bestehenden Möglichkeit, im Internet Suchmaschinen einzusetzen. Mithin ist Angabe des genauen Hefts einschließlich Erscheinungsjahr und Ausgabe, in dem das Testergebnis abgedruckt ist, geboten. Der bloße Verweis auf eine Internetseite des Testinstituts genügt demgegenüber nicht.
Der Einsatz von positiven Testergebnissen in der Werbung erweist sich aus Marketinggesichtspunkten als höchst attraktiv. Allerdings erfordert er die Einhaltung rechtlicher Restriktionen in Bezug auf Eindeutigkeit, Transparenz und Unverfälschtheit. Diese gilt es zu beachten, möchte man (kostenpflichtige) Beanstandungen vermeiden.
Henrik Steffen Becker
Rechtsanwalt, Partner und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz;
RITTERSHAUS Frankfurt am Main