Mit Urteil vom 26. April 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Nichtigkeitsklage der Republik Polen gegen den Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/790 vom 17. April 2019) abgewiesen. Damit bestätigt der EuGH die grundsätzliche Zulässigkeit von Instrumenten zur automatischen Filterung von hochgeladenen Inhalten (sog. „Upload-Filter“) durch Plattformbetreiber.
Wie bereits in diesem Blog im August 2021 berichtet, trat am 01. August 2021 das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) in Kraft, mit dem der deutsche Gesetzgeber die Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht umsetzte. Aus deutscher Sicht war mit der Nichtigkeitsklage Polens somit insbesondere die Sorge verbunden, dass bei einer Unwirksamkeit von Art. 17 der Richtlinie dem deutschen UrhDaG der Boden entzogen würde.
Diese Sorge war letztlich unbegründet: der EuGH hat nun für Klarheit gesorgt und festgestellt, dass Art. 17 der Richtlinie rechtmäßig sei.
Artikel 17 verpflichtet zum Einsatz von automatisierten Filtern
Konkret ging es in dem Verfahren vor dem EuGH um Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie, der eine Haftungsbefreiung für Plattformbetreiber u.a. davon abhängig macht, dass diese alle Anstrengungen unternommen haben, um das Hochladen von Werken ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber zu verhindern. Die Republik Polen hatte geltend gemacht, dass die Plattformbetreiber damit faktisch gezwungen seien, sämtliche hochgeladenen Inhalte vor ihrer Verbreitung zu kontrollieren, was nur durch Instrumente zur automatischen Filterung, das heißt Upload-Filter, erreicht werden könne.
Zwar erkennt der EuGH an, dass Plattformbetreiber, um eine Kontrolle der hochgeladenen Inhalte vornehmen zu können, gezwungen seien, „auf Instrumente zur automatischen Erkennung und Filterung zurückzugreifen“, was eine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit der Nutzer darstelle.
Regelung aufgrund bestehender Ausnahmen verhältnismäßig
Allerdings sei die Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit verhältnismäßig und gerechtfertigt. Denn Art. 17 der Richtlinie enthalte Mechanismen, die für einen gerechten Ausgleich zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz geistigen Eigentums sorgen sollen.
So bestehe eine Kontrollpflicht nur für solche Werke, für die die Rechtsinhaber einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, das heißt nur auf konkreten Hinweis und Veranlassung der Rechtsinhaber. Zudem sehe die Richtlinie zahlreiche Ausnahmen vor, die beispielsweise das Hochladen von Karikaturen, Parodien oder Pastiches ermöglichen. Letztlich stellt der EuGH darauf ab, dass Artikel 17 ausdrücklich keine allgemeine Überwachungspflicht normiere und insbesondere Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren vorsehe, die es Nutzern im Streitfall ermöglichten, gegen die unzulässige Sperrung von Inhalten vorzugehen.
Bewertung
Mit der Abweisung der Nichtigkeitsklage Polens hat der EuGH den Einsatz der umstrittenen Upload-Filter grundsätzlich als mit dem Unionsrecht vereinbar anerkannt. Jedoch betont der EuGH zugleich, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, bei der Umsetzung der Richtlinie für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Rechtspositionen von Nutzern und Urhebern zu sorgen. Diese Hausaufgaben scheint der deutsche Gesetzgeber mit dem UrhDaG bereits erledigt zu haben. Denn dieses enthält ein austariertes System, das im Ergebnis für einen interessensgerechten Ausgleich zwischen Urhebern, Plattformbetreibern und Nutzern sorgt.
Bei allen Fragen zum Urheberrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Magnus Brau (magnus.brau@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.