Die Bundesregierung hat am 6. Januar 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst eingebracht. Das zweite Führungspostionengesetz (FüPoG II), welches das 2015 in Kraft getretene Führungspositionengesetz (FüPoG) weiterentwickeln soll, hat zum Ziel, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen und verbindliche Vorgaben für die Wirtschaft und den öffentlichen Dienst zu machen. Zentrale Neuerung ist ein verbindlicher Mindestanteil von Frauen in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern in großen deutschen Unternehmen.
Einführung eines Mindestbeteiligungsgebots für AG- und SE-Vorstand
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Vorstandsgremien börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern zukünftig mindestens mit einem Mann und einer Frau besetzt sein müssen. Für börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Unternehmen bleibt es bei der bislang geltenden sog. flexiblen Quote.
Darüber hinaus soll von nun an auch begründet werden, warum das Unternehmen hinsichtlich der Besetzung von Frauen in ihrem Vorstand, den beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und dem Aufsichtsrat die Zielgröße Null festlegt. Das aus dem Corporate Governance Kodex bekannte Prinzip „comply or explain“ gilt somit auch hier.
Zugleich sollen die Sanktionen bei Verletzung der Berichtspflicht über Zielgrößen, Fristen und Begründungen verschärft, indem Verstöße effektiv als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden können. Der Strafkatalog wird durch eine entsprechende Klarstellung in § 334 Abs. 1 HGB und weiteren handelsbilanzrechtlichen Bußgeldvorschriften umgesetzt.
Fixe Quote für Aufsichtsrat bleibt weitgehend unverändert
Seit dem FüPoG von 2015 ist bei börsennotierten und paritätischen mitbestimmten Aktiengesellschaften eine Mindestquote von 30 % an Frauen und Männern für den Aufsichtsrat festgeschrieben. Obwohl zwischenzeitlich eine Ausweitung dieser Regelung auf nicht-börsennotierte Aktiengesellschaften gefordert wurde, sieht der FüPoG II – Gesetzesentwurf eine entsprechende Regelung nicht vor. Dafür wird die bestehende Quotenregelung nun ebenfalls von einer Berichtspflicht in § 289f Abs. 2 Nr.5 HGB-E flankiert.
Ausweitung des comply or explain – Prinzips
Bislang unterwarf das FüPoG von 2015 börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Kapitalgesellschaften hinsichtlich des Aufsichtsrats, der Geschäftsleitung sowie der beiden Ebenen darunter einer flexiblen Quote. Die Festlegung der Zielgröße konnte frei bestimmt werden. Einzige Einschränkung war ein Verschlechterungsverbot im Vergleich zur letzten Festlegung der Zielgröße fünf Jahre zuvor. Dies galt indes nur, sofern der Frauenanteil unter 30 % lag. In der Konsequenz konnten Unternehmen, in denen bislang keine Frauen in den betreffenden Gremien vertreten waren, ihre Zielgröße abermals mit Null ansetzen.
Dieser Praxis möchte der Gesetzgeber mit dem FüPoG II entgegenwirken: Verfolgen Unternehmen die beschriebene Vorgehensweise zukünftig weiter, muss darüber eine detaillierte Begründung in den Lagebericht aufgenommen und damit offengelegt werden.
Fazit:
Die Nachjustierung durch den Gesetzgeber verwundert nicht. Es ließ sich beobachten, dass trotz Einführung des FüPoG beachtliche 70 % der adressierten Unternehmen ihre Zielgröße mit Null angesetzt hatten. Angesichts der voraussichtlich ab dem 1. Januar 2022 geltenden Neuregelungen ist betroffenen Unternehmen anzuraten, bereits jetzt nach geeigneten Kandidatinnen Ausschau zu halten. Zwar soll es für im Jahr 2021 neu bestellte Organe eine Übergangsregelung geben. Darauf sollten Unternehmen sich jedoch nicht aus bspw. taktischen Erwägen berufen, um sich am Ende keine rechtsmissbräuchlichen Motive vorhalten lassen zu müssen.
Für alle Fragen zu diesem Thema oder rund um das Gesellschaftsrecht stehen Ihnen Rechtsanwältin Dr. Kirsten Girnth (kirsten.girnth@rittershaus.net) und Rechtsanwalt Julius Pieper (julius.pieper@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.