Um eine möglichst hochwertige Leistung zu erhalten, können Auftraggeber qualitative Zuschlagskriterien vorgeben. Bei Dienstleistungen kann der Auftraggeber die Qualität einer Leistung häufig nur durch einen Vergleich der von den Bietern vorgelegten Konzepte („Qualitätskonzepte“) bewerten. Solche Konzeptbewertungen sind durchaus anspruchsvoll und in der Praxis regelmäßig Anlass für Nachprüfungsanträge.
Ein aktueller Fall des OLG Celle (Beschluss vom 15.03.2021 – 13 Verg 1/21) veranschaulicht recht plastisch einige der Anforderungen, die Auftraggeber bei Qualitätsbewertungen zu beachten haben. Dort hatten die Auftraggeberinnen bei einer Ausschreibung von Postdienstleistungen neben dem Angebotspreis auch die Bewertung eingereichter Qualitätskonzepte als Zuschlagskriterium vorgesehen. Die Bieter sollten möglichst konkret und anschaulich beschreiben, wie sie die Erwartungen der Auftraggeberinnen an Logistik und Personaleinsatz erfüllen würden. Nach den Vergabeunterlagen sollten die Bieter ihre Logistikabläufe bzw. Personaleinsatzplanung darstellen und auf stichpunktartig genannte Themen eingehen („mindestens auf folgende Themen“). Daran nahm die Antragstellerin Anstoß. Sie bemängelte das Fehlen von Angaben zur Gewichtung der Themen bei beiden Konzepten im Einzelnen und zueinander. Auch fehle es an Kriterien zur Ermittlung des besten Konzepts. Das OLG Celle war jedoch anderer Auffassung und wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück.
1. Wesentlicher Entscheidungsinhalt
Das OLG Celle kam zu dem Ergebnis, dass die Zuschlagskriterien, die Unterkriterien und ihre Gewichtung in den Vergabeunterlagen hinreichend genau angegeben sind. Der Angebotspreis und die Qualitätskonzepte seien die Hauptkriterien, Logistikkonzept und Personaleinsatzkonzept die Unterkriterien. Bei den stichpunktartig angegebenen Themen handele es sich hingegen nicht um „Unter(unter)kriterien“. Ihre verhältnismäßige Gewichtung mussten die Auftraggeberinnen daher nicht angeben. Das Gericht argumentierte, die Auftraggeberinnen hätten die Themen ausdrücklich nicht abschließend vorgegeben.
Das OLG war zudem der Auffassung, dass es für die Bieter in ausreichendem Maße erkennbar gewesen sei, auf welcher Grundlage die Auftraggeberinnen das beste Konzept ermitteln werden. Die Leistungsbeschreibung enthielt Aussagen zum Auftragsgegenstand (verschiedene Postdienstleistungen), zu den Erwartungen der Auftraggeberinnen (hohe Leistungsqualität in der logistischen Abwicklung; Einsatz erfahrener und qualifizierter Personen sowie ausreichende Kapazitäten) sowie die Vorgabe, die Erwartungen „möglichst konkret und anschaulich“ zu erläutern. Diese Angaben hielt das Gericht für ausreichend. Hätten die Auftraggeberinnen detaillierte Vorgaben gemacht (z. B., dass Bieter, die eine ganz bestimmte Maßnahme zum Schutz einer Sendung vor Verlust treffen, eine hohe Bewertung erhalten) wäre der Sinn eines „Ideenwettbewerbs“ konterkariert worden, bei dem die Bieter eigene Lösungsansätze entwickeln sollen.
2. Auswirkungen auf die Praxis
Der Beschluss des OLG Celle zeigt, dass Auftraggeber bei der Bewertung von Qualitätskonzepten die Bewertungskriterien und deren Gewichtung in den Vergabeunterlagen nicht bis ins kleinste Detail ausbuchstabieren müssen. Nicht jede Angabe zum Konzeptinhalt ist zwangsläufig ein „Unterkriterium“. Stellt der Auftraggeber klar, dass seine Aufzählung gewisser Inhalte nicht abschließend ist, spricht das gegen ein Unterkriterium. Allerdings sind Auftraggeber bei der anschließenden Bewertung der eingereichten Konzepte verpflichtet, ihre Wertungsentscheidung nachvollziehbar zu dokumentieren. Hier müssen Auftraggeber sorgfältig arbeiten.
Für alle Fragen zum Vergaberecht oder rund um das Öffentliche Recht stehen Ihnen Rechtsanwalt Dr. Michael Wenzel (michael.wenzel@rittershaus.net) und Rechtsanwalt Dr. Christoph Rung (christoph.rung@rittershaus.net) gerne zur Verfügung.