Der alleinige Kommanditist einer Personengesellschaft ist auch mehrheitlich an der Komplementär-GmbH beteiligt, die einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Der Kommanditist möchte nun Anteile an der GmbH schenkweise an seine Kinder übertragen. Ist dies steuerneutral möglich oder entsteht ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn, da die Beteiligung an der GmbH seinem Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft zuzuordnen ist?
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. Dezember 2021 (IV R 15/19) ist die Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH in der Regel nicht seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft zuzuordnen, wenn die Kapitalgesellschaft daneben einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält.
1. Hintergrund und Problemstellung
Bei Anteilen an Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) ist die Bestimmung des für die Personengesellschaft funktional wesentlichen Betriebsvermögens von immenser Bedeutung. Denn zum Betriebsvermögen gehört nicht nur das im Eigentum der Personengesellschaft stehende Vermögen (sog. Gesamthandsvermögen), sondern auch das notwendige Sonderbetriebsvermögen. Dies sind diejenigen Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters stehen und entweder unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters eingesetzt werden sollen (Sonderbetriebsvermögen II). Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein.
Werden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich auf Personen übertragen, die nicht Gesellschafter der Personengesellschaft sind, kann dies zu einer Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer führen. Denn zum einen gilt das verschenkte Wirtschaftsgut ertragsteuerlich als entnommen und diese Entnahme ist mit dem Teilwert (= Verkehrswert) anzusetzen. Auswirkungen können sich auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ergeben, da für die isolierte Übertragung von Sonderbetriebsvermögen grds. keine Begünstigung gewährt wird.
Im Zusammenhang mit der Zuordnung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen kommt es regelmäßig zu Abgrenzungsschwierigkeiten sowie Diskussionen mit der Finanzverwaltung. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass sich der Bundesfinanzhof nun überraschend deutlich für den Fall geäußert hat, dass ein Kommanditist neben seiner Beteiligung an der Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, die über einen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung verfügt.
2. Die Entscheidung des BFH vom 21.12.2021 (IV R 15/19)
Dem Urteil lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die natürliche Person C war alleiniger Kommanditist der A GmbH & Co. KG und daneben Mehrheitsgesellschafter der B-GmbH, der Komplementärin der A GmbH & Co. KG. Die B-GmbH verfügte über erheblichen eigenen Grundbesitz und war an verschiedenen Immobiliengesellschaften in der Rechtsform der GbR beteiligt.
Da auch die A GmbH & Co. KG eigenen Grundbesitz vermietete, jedoch nicht über eigene Geschäftsräume und eigenes Personal verfügte, wurde die Hausverwaltung und die Buchführung für die von der A GmbH & Co. KG vermieteten Objekte von der B-GmbH übernommen. Nach Auffassung des zuständigen Finanzamtes seien die beiden Gesellschaften damit eng miteinander verflochten. Dies habe zur Folge, dass die Beteiligung an der Komplementär-GmbH – unabhängig vom eigenen Geschäftsbetrieb dieser Gesellschaft – stets als funktional wesentlich für die Personengesellschaft einzustufen sei.
Bereits das Finanzgericht Düsseldorf (vom 2. Mai 2019, 11 K 1232/15 F) hatte eine Zuordnung der Beteiligung an der B-GmbH zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des C bei der A GmbH & Co. KG abgelehnt. Der Bundesfinanzhof hat sich dem nun mit den folgenden Klarstellungen angeschlossen:
- Eine Zuordnung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I kommt nicht in Betracht, denn eine GmbH & Co. KG übt ihre Tätigkeit nicht durch die vom Kommanditisten gehaltene Beteiligung an der Komplementär-GmbH aus.
- Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II ist ein – zumindest ganz überwiegender – Veranlassungszusammenhang mit der Beteiligung an der Personengesellschaft erforderlich. Dies ist bei einer Kapitalgesellschaft, die neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die Personengesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält, regelmäßig jedoch nicht gegeben. Vielmehr ist dann von einer Gleichrangigkeit der beiden Gesellschaften und damit auch der Interessensbereiche der daran beteiligten Gesellschafter auszugehen, wodurch das Halten der Kapitalbeteiligung nicht im überwiegenden Interesse der mitunternehmerischen Beteiligung
- Zudem stellt der Bundesfinanzhof klar, dass für die Zuordnung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen zum Betriebsvermögen einerseits und zum Sonderbetriebsvermögen andererseits unterschiedliche Maßstäbe gelten. Bei Einzelunternehmern sind Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die eine Funktion für den Betrieb aufweisen, stets dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuweisen – unabhängig davon, ob die Kapitalgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Für die Zuordnung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II kommt es hierauf aber gerade an.
- Ferner tritt der Bundesfinanzhof der Auffassung der OFD Nordrhein-Westfalen entgegen, wonach Kapitalgesellschaftsbeteiligungen – trotz eines eigenen Geschäftsbetriebs von nicht ganz untergeordneter Bedeutung – stets dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen sind, wenn die Geschäftsbeziehungen zur Komplementär-GmbH aus Sicht der Personengesellschaft nicht von geringer Bedeutung sind. Hierauf kommt es jedoch nicht an, entscheidend ist die Sicht des Gesellschafters.
3. Folgen für die Praxis
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist sehr zu begrüßen. Zum einen schafft sie Rechtssicherheit, da das Vorliegen eines „Geschäftsbetriebs von nicht ganz untergeordneter Bedeutung“ nunmehr zu einem entscheidungserheblichen Kriterium für das Vorliegen von notwendigem Sonderbetriebsvermögen II bei Kapitalgesellschaftsbeteiligungen aufgewertet wird. Zum anderen führt die Entscheidung zu Vereinfachungen. Bei der Gründung einer GmbH & Co. KG könnte künftig auf eine extra zu gründende Komplementär-GmbH verzichtet und stattdessen auf eine bereits bestehende GmbH mit umfangreichem eigenen Geschäftsbetrieb zurückgegriffen werden, ohne dass dies eine Zuordnung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten zur Folge hätte.
Bisher wurde das Urteil noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BFH/NV 2022, 492). Aufgrund der klarstellenden Ausführungen wäre es allerdings nur folgerichtig, dass sich die Finanzverwaltung der Auffassung des Bundesfinanzhofes anschließt.
Für Ihre Rückfragen steht Ihnen Steuerberater Hendrik Grosse jederzeit gerne zur Verfügung.