Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Konsequenzen der COVID-19 Pandemie hat die italienische Regierung am 8. April 2020 eine gesetzesersetzende Verordnung zur vorübergehenden Ausweitung der staatlichen Vorkaufsrechte (sog. Golden Powers) bei ausländischen Investitionen erlassen (DPCM Nr. 23 vom 8. April 2020, nachfolgend das „Eildekret“).
Das Eildekret bringt eine signifikante Ausdehnung der staatlichen Rechte mit sich, die Auswirkungen auf einen großen Teil von Unternehmens- und Immobilientransaktionen haben wird. Das obligatorische Anzeigeverfahren ist nicht nur zeitintensiv, sondern lässt Investoren im Hinblick auf die erfolgreiche Umsetzung ihrer Transaktion während dieses Zeitraums im Ungewissen.
Das Erfordernis der Durchführung des Anzeigeverfahrens muss also bis zum Ende dieses Jahres bei Erwerbsprozessen eingeplant, und entsprechende Vorkehrungen in den Vertragsdokumenten getroffen werden, um eine Rückabwicklung des Vorvertrages zu ermöglichen.
Gemeinsam mit unserem Team Mailänder Kolleginnen und Kollegen begleiten wir Investoren, internationale Konzerne sowie Kapitalverwaltungsgesellschaften seit vielen Jahren bei jeder Art von Unternehmenstransaktion. Unser Ansatz geht über standardisierte Prozesse weit hinaus. Unsere fundierte Kenntnis beider Rechtsordnungen und ihrer Besonderheiten garantiert unseren Mandanten höchste Effizienz und ermöglicht die Ausarbeitung eines maßgeschneiderten Konzepts für jede Cross-Border-Transaktion zwischen Deutschland und Italien.
Wir sind auch in diesen Zeiten Ihr verlässlicher Partner. Wir steuern den Anzeigeprozess auf die für Ihre Transaktion in strategischer Hinsicht vorzugswürdige Weise.
1. Grundsätzlicher Anwendungsbereich
Das Eildekret ergänzt das Gesetzesdekret Nr. 21 vom 15. März 2012 (D.L. Nr. 21 vom 15. März 2012), welches dem Staat für Transaktionen, die auf nationaler Ebene strategisch relevante Bereiche betreffen, ein Vorkaufsrecht einräumt.
Grundsätzlich handelt es sich um folgende Sektoren:
i. Nationale Sicherheit und Verteidigung
ii. Cybersecurity und 5G
iii. Energie, Transport und Telekommunikation
2. Neuer, erweiterter Anwendungsbereich
Mit dem Eildekret wird der Anwendungsbereich auf folgende Sektoren ausgedehnt:
i. Grundlegende Infrastruktur: Energie, Wasser, Gesundheitswesen, Kommunikationswesen, Medien, Datenverarbeitung oder –speicherung, Wahl- oder Finanzinfrastruktur, sensible Einrichtungen sowie die Immobilien, die für die Nutzung dieser Infrastruktur erforderlich sind.
ii. Wichtige Technologie und Gegenstände mit doppeltem Verwendungszweck wie Künstliche Intelligenz, Roboter, Chips, Raumfahrtindustrie, Energiespeicherung, Quantum- und Nukleartechnologie sowie Nano- und Biotechnologie.
iii. Versorgung mit grundlegenden Gütern, einschließlich Rohstoffe und Nahrungsmittelsicherheit.
iv. Zugang zu sensiblen Informationen, inklusive persönlicher Daten oder die Möglichkeit, an solche Informationen und Daten zu gelangen.
v. Bank-, Finanz und Versicherungswesen
3. Neue Regelungen
Das Eildekret unterscheidet im Hinblick auf die Anzeigepflicht zwischen EU-Investoren und Drittstaatlern.
EU-Investoren sind zur Anzeige verpflichtet, sofern ein Kontrollerwerb stattfindet, wobei es irrelevant ist, ob die Kontrolle über das Target direkt oder indirekt (beispielsweise über eine italienische Entität) erworben wird.
Drittstaatliche Investoren hingegen trifft die Anzeigepflicht bei jeder Art von Akquisition, die eine Beteiligung am Target von mindestens 10% nach sich zieht oder einen Wert von 1,0 Mio. Euro oder mehr hat.
Für die Anzeigepflicht ist indes in beiden Konstellationen irrelevant, ob der Schwellenwert durch eine Transaktion oder mehrere aufeinanderfolgende Akquisitionen erreicht wird.
Die geplante Transaktion ist dem Wirtschaftsministerium vom Käufer nach Unterzeichnung des in Italien obligatorischen Vorvertrags (contratto preliminare) anzuzeigen. Die Regierung wird durch das Eildekret im Übrigen berechtigt, von selbst (ex officio) tätig zu werden und insbesondere im Falle unterlassener Anzeige einzuschreiten.
Nach Eingang der Anzeige hat das Ministerium 45 Tage Zeit zu entscheiden, ob es die Transaktion an sich ziehen und damit vom staatlichen Vorkaufsrecht Gebrauch machen möchte oder nicht. Es ist derzeit umstritten, ob es sich um Arbeits- oder Kalendertage handelt. Das Dekret ist jedenfalls in seinem Wortlaut nicht präzise.
Das Eildekret trat unmittelbar am 8. April 2020 in Kraft und hat eine Laufzeit bis 31. Dezember 2020.
Den vollständigen Artikel können Sie hier im Newsletter Italian Desk April 2020 einsehen: Newsletter 2 Italian Desk April 2020 (PDF)
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