Zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung hat das Bundesministerium der Justiz nunmehr einen Referentenentwurf für das „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ („GeschGehG“) vorgelegt. Ziel ist die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung in deutsches Recht. Das Ministerium begründet den Entwurf damit, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im deutschen Recht bislang zwar über die Strafvorschriften der §§ 17 bis 19 UWG sowie über die Vorgaben von §§ 823, 826 BGB gewährleistet waren, dies aber für die Umsetzung der Vorgaben der EU-Richtlinie nicht ausreichend war.
Der jetzt vorliegende Entwurf sieht ein neues Stammgesetz vor, das einen in sich stimmigen Schutz der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen vor deren rechtswidriger Erlangung, Nutzung und Offenlegung erreichen soll. Der Entwurf orientiert sehr stark an der umzusetzenden EU-Richtlinie. Beide enthalten in einem ersten Abschnitt allgemeine Regelungen, unter anderem Begriffsbestimmungen, Handlungsverbote sowie Rechtfertigungsgründe. Sodann enthalten beide Systeme Regelungen zu Rechtsverletzungen sowie in ihrem jeweiligen Schlussteil Vorgaben zu Gerichts-, Prozess- und Strafvorschriften. Ergänzt hat das Ministerium die Vorgaben aus der EU-Richtlinie um einige Regelungen, die aus sonstigen Bereichen des deutschen gewerblichen Rechtsschutzes bekannt sind, wie etwa einen Anspruch auf Auskunft, Regelungen zur Zuständigkeit der Gerichte sowie eine Härteregelung zur Streitwertbegünstigung.
Zentraler Begriff ist und bleibt das „Geschäftsgeheimnis“, dessen Schutz vor unerlaubter Erlangung, Nutzung und Offenlegung das Gesetz nach § 1 Abs. 1 des Entwurfs dient. Den Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiert § 2 Ziff. 1 des Entwurfs. Neu aus der Perspektive deutschen Rechts ist das Erfordernis, dass ein Geheimnis als Geschäftsgeheimnis im Sinne des GeschGehG nur dann geschützt werden kann, wenn es „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen seines rechtmäßigen Inhabers“ war. Während die sonstigen Begriffsbestimmungen weit gefasst sind, muss noch unklar bleiben, welches die qualitativen Voraussetzungen der Schutzmaßnahmen sind, welche der Inhaber des Geheimnisses zu ergreifen hat. Bislang war es für die Bejahung eines Geheimnisses im Sinne der §§ 17 bis 19 UWG ausreichend, wenn eine geheime Tatsache nach dem nach außen erkennbaren Willen seines Inhabers geheim gehalten werden sollte. Künftig werden an Geheimhaltungen interessierte Unternehmer darlegen müssen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um ein Geheimnis auch tatsächlich geheim zu halten. Wenn auch der Entwurf nur „angemessene“ Maßnahmen fordert, wird es eine Aufgabe der Rechtsprechung sein, an dieser Stelle Rechtssicherheit zu schaffen, welche Maßnahmen ausreichen und welche nicht.
Bemerkenswert ist des Weiteren, dass in § 2 bei der Definition der erlaubten Handlungen, das Reverse Engineering ausdrücklich als erlaubte Tätigkeit beschrieben wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des Entwurfs). Bislang war Reverse Engineering nur dann zulässig, wenn ein Fachmann ohne erheblichen Arbeitsaufwand fähig war, das Geheimnis abzuleiten. Abzuwarten bleibt auch hier, wie die Rechtsprechung mit den dann sicherlich bald vor Gericht zu entscheidenden Fällen umgehen wird.
Schlussendlich sei noch auf die Handlungsverbote in § 3 des Entwurfs hingewiesen und hier beispielhaft der Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses genannt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 des Entwurfs). Auch hier gilt, dass es künftig ratsam ist, dass Inhaber von Geschäftsgeheimnissen deren Schutz sorgfältig vertraglich absichern. Nicht nur werden an Geheimhaltung interessierte Unternehmer, um in den Genuss der Schutzbestimmungen des GeschGehG zu kommen, die Schutzmaßnahmen darlegen müssen. Sie werden gegenüber Dritten, denen sie Zugang zu Geschäftsgeheimnissen gewähren, noch dringender als heute vertraglich absichern müssen, dass und wie diese Dritten diese Geheimnisse nutzen und insbesondere ihrerseits zu schützen haben. Hierfür wird eine vertragliche Absicherung der Geheimhaltungsverpflichtungen dringend ratsam sein.
Bislang ist nicht absehbar, wann das GeschGehG in Kraft treten wird und ob sich noch Änderungen gegenüber dem jetzt vorliegenden Entwurf ergeben. In jedem Falle ist zu erwarten, dass der neu geschaffene Schutz von Geschäftsgeheimnissen für Unternehmer nicht gratis zu erlangen sein wird, sondern einen Mehraufwand in der täglichen Unternehmenspraxis in Form von vermehrten Bemühungen von Geheimhaltung fordert. Eine dringende Empfehlung ist es, zeitnah die eigenen Absprachen mit Vertragspartnern darauf hin zu überprüfen, ob sie den zu erwartenden künftigen Anforderungen genügen und das Unternehmen in den Genuss des neuen Geheimnisschutzes kommen kann.
Rechtsanwalt und Partner, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, RITTERSHAUS Mannheim