Es vergeht keine Woche ohne neue Nachrichten, dass immer mehr Banken auf Geldguthaben Minuszinsen erheben möchten. Auch im Kreise der Mandanten hört man immer häufiger, dass die betreuenden Banken mit ihren Kunden Gespräche führen und diese dazu veranlassen möchten, die vorhandene Liquidität in Wertpapiere umzuschichten.
Aus der Sicht der Banken ist das selbstverständlich nachvollziehbar. Für die vorhandene Liquidität müssen die kontoführenden Banken selbst Minuszinsen zahlen und möchten das zunehmend an ihre Kunden weitergeben, um ihren Kostendruck etwas zu mildern.
Aus der Perspektive der Kunden ist zu beachten, dass die meisten ihre Liquidität in ihren Kapitalgesellschaften thesauriert haben, um die Ausschüttungsbelastung zu vermeiden. Wenn nun die Unternehmen auf Druck der kontoführenden Banken ihre Liquidität in Wertpapiere umschichten, führt dies nach der Auffassung der Finanzverwaltung und der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung dazu, dass sogenanntes junges Verwaltungsvermögen generiert wird. Als junges Verwaltungsvermögen zählen insbesondere Wertpapiere, die nicht länger als zwei Jahre zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören. Hierzu zählen nicht nur Wertpapiere, die einmal angeschafft wurden, sondern auch alle Wertpapiere, die aus regelmäßigen Umschichtungen stammen. Wenn also der Vermögensstock zwar länger im Betriebsvermögen der Gesellschaft ist, aber dieses Vermögen in Wertpapiere – im Rahmen eines aktiven Verwaltungsmandats – in neue Wertpapiere regelmäßig umgeschichtet wird, wird immer wieder junges Verwaltungsvermögen generiert.
Dieses junge Verwaltungsvermögen ist im Fall einer Schenkung der Anteile oder einer unerwarteten Vererbung vollständig (vorbehaltlich etwaiger Freibeträge) schenkungsteuerpflichtig.
Im Rahmen einer lebzeitigen Schenkung besteht die Möglichkeit, diese Wertpapiere rechtzeitig vor der Schenkung zu veräußern und das Problem zu beseitigen. Hierbei ist es meistens erforderlich, beinahe den gesamten Wertpapierbestand zu veräußern, da sich „junge“ und „alte“ Wertpapiere meist nicht identifizieren lassen, wenn der Bestand immer wieder aufgestockt wird. Eine Vermutungsregelung, welche Wertpapiere als zuerst veräußert gelten, gibt es im Schenkungsteuerrecht nicht.
Im Fall eines unerwarteten Versterbens haben wir diese Möglichkeit hingegen nicht. Tritt also ein Todesfall zu einem Zeitpunkt ein, zu dem die Gesellschaft gerade viele junge Wertpapiere besitzt, wird dies eine signifikante erbschaftsteuerliche Belastung nach sich ziehen. Dies könnte möglicherweise zu einem Vorwurf der nachfolgenden Generation gegenüber der Bank führen, dass sie den mittlerweile verstorbenen Kunden dazu gedrängt hat, in Wertpapiere zu investieren und damit ein erbschaftsteuerliches Risiko einzugehen.
Wie geht man nun mit dieser Problematik um?
Nicht in Wertpapiere zu investieren würde bedeuten, dass der Kunde früher oder später Minuszinsen auf sein Bankguthaben akzeptieren muss. Das wäre selbstverständlich eine Option, diese ist aber vermutlich nicht wirtschaftlich optimal.
Sofern der Kunde sich eine lebzeitige Schenkung vorstellen kann, wäre es der beste Weg, wenn er vor der Umschichtung in Wertpapiere diese Schenkung vollzieht. Nach der Schenkung ist eine Investition in Wertpapiere unschädlich. Dafür spricht auch, dass wir nach der aktuellen Rechtslage die meisten Unternehmen vollständig schenkungsteuerfrei auf die nächste Generation oder auf eine Familienstiftung (in Deutschland oder in Liechtenstein) übertragen können. Ob sich an dieser Rechtslage durch die Wahlen im Herbst 2021 etwas ändert, ist ungewiss. Einige Parteien haben schon Änderungen angekündigt.
Sofern sich der Kunde aber eine Schenkung nicht vorstellen kann, muss für den Todesfall Vorsorge getroffen werden. Diese Vorsorge sollte in erster Linie darin bestehen, ein Testament zu errichten, das eine besondere Gestaltung beinhaltet, die zu einer Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts führt. Mit dieser ganz besonderen Gestaltung kann erreicht werden, dass der Todesfall zwar eintritt, aber die Erben eine gewisse Zeitspanne bekommen, in der sie den Ablauf der Zweijahresfrist abwarten können. Das wäre die Basisabsicherung für jeden Kunden.
Darüber hinaus könnte auch über Zwischenschaltung eines Spezialfonds oder einer Lebensversicherung nachgedacht werden. Auch wenn dies nicht final abgesichert ist, besteht zumindest eine gut begründbare Chance, dass diese Strukturen vor der immer neuen Generierung jungen Verwaltungsvermögens schützen.
Schließlich hat der Kunde noch die Möglichkeit, von seiner Gesellschaft ein Darlehen zu erhalten und dieses Darlehen auf der privaten Ebene in Wertpapiere zu investieren. Es könnte sich dabei auch um ein endfälliges Darlehen handeln, das erst nach einiger Zeit zurückgeführt wird.
In jedem Fall ist bei Kunden mit hohen thesaurierten Gewinnen auf der Ebene des Unternehmens Handlungsbedarf vorhanden.
Für Ihre Rückfragen stehen Ihnen Rechtsanwalt/Steuerberater Pawel Blusz und Steuerberater Christoph Hübner jederzeit gerne zur Verfügung.