Seit dem Brexit ist nun einige Zeit vergangen und der erste Trubel um den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) hat sich gelegt. Damit ist es an der Zeit, die aktuelle Situation rund um die Rechte des geistigen Eigentums erneut in den Blick zu nehmen und etwaigen weiteren Handlungsbedarf auszuloten.
Zur Erinnerung: Bis zum Ablauf des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 blieb das Unionsrecht weiterhin auf Rechte des geistigen Eigentums – also insbesondere auf unionsweit geschützte Marken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster – im Vereinigten Königreich anwendbar. Seit Beginn des Jahres 2021 haben die entsprechenden Rechte dort ihren Schutz verloren; entstanden sind nationale Klone. Auch fünf Jahre nach dem Brexit-Referendum sind die Nachwirkungen des Austritts noch nicht vorüber. Gerade die am 30. September 2021 endende Nachmeldefrist ist zu beachten:
Wie bereits in diesem Blog im Februar 2020 berichtet, sind zugunsten der Inhaber von Unionsmarken oder auf die EU erstreckten internationalen Registrierungen „Klone“ im Vereinigten Königreich entstanden. Dies erfolgte automatisch durch das Amt des Vereinigten Königreichs für Geistiges Eigentum (UKIPO), ohne dass hierfür ein erneuter Antrag gestellt werden musste oder zusätzliche Gebühren anfielen. Die Klone erhielten neue Registernummern, die sich grundsätzlich aus den alten Registernummern und nationalen Präfixen zusammensetzen. Schutzrechtsinhaber erkennen die Klone bei früheren Unionsmarken insbesondere an der Zahlenkombination 009 und bei internationalen Registrierungen an der Ziffernfolge 008 am Anfang. Wichtigste Eigenschaft der Klone ist, dass Prioritätsdatum und Datum des Schutzendes dem des korrespondierenden EU-Schutzrechts entsprechen. Besondere Vorsicht ist hier aber bei den europäischen Teilen der internationalen Registrierungen von Marken geboten. So ist das Datum des Schutzendes ausgehend von dem Datum der Erstreckung auf die Union und nicht von der ursprünglichen Eintragung der internationalen Registrierung an zu berechnen.
Die Nachwirkungen des Austritts zeigen sich insbesondere in der noch bis zum 30. September 2021 laufenden Nachmeldefrist im Vereinigten Königreich. So wurden Unionsmarken und europäische Teile internationaler Registrierungen, die sich bis zum Ende des Übergangszeitraums noch im Anmeldestadium befanden, nicht in UK-Marken umgewandelt, respektive als solche nicht geklont. Hier besteht aber die Möglichkeit, bis zu vorgenanntem Zeitpunkt eine UK-Marke unter Wahrung der Unionspriorität zu beantragen, wofür allerdings eine Gebühr anfällt. Kurz: Es ist ein separates Anmeldeverfahren im UK anzustoßen. Schutzrechtsinhaber müssen also bis dahin entscheiden, ob sie Markenschutz im Vereinigten Königreich beanspruchen und den entsprechenden Zeitrang behalten möchten.
Für Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs) gilt dabei im Wesentlichen dasselbe.
Für die rechtserhaltende Benutzung einer Marke ergibt sich aus dem Austrittsabkommen, dass der geklonten Marke nicht entgegengehalten werden darf, sie wäre vor Ablauf des Überganszeitraums nicht im Vereinigten Königreich genutzt worden. Insofern genügt für die rechtserhaltende Benutzung jede bis zum 31. Dezember 2020 erfolgte Nutzung in einem EU-Mitgliedsstaat. Im Umkehrschluss gilt dagegen eine ab dem 1. Januar 2021 erfolgte Benutzung im UK nicht mehr also solche in der EU.
Bestehende Lizenzverträge und Abgrenzungsvereinbarungen sollten ebenso in den Blick genommen werden: Es bedarf nämlich der Auslegung, ob diese im Einzelfall für das Vereinigte Königreich fortgelten, gerade wenn die Vereinbarungen Gültigkeit für „die Europäische Union“ beanspruchen. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch nicht im Vereinigten Königreich ansässige Vertreter bis mindestens zum 31. Dezember 2023 weiterhin Marken vor dem UKIPO vertreten können. Hier zeigt sich ebenfalls, dass auch nach Ablauf des Übergangszeitraums und insgesamt fünf Jahre nach dem Referendum der Brexit immer noch fortwirkt und aktuelle Entwicklungen weiterhin im Blick zu behalten sind. Sollte es hier Neues geben, werden wir in diesem Blog berichten.
Zum Autor:
Dr. Martin Schmidhuber ist Leiter der Praxisgruppe IP/IT und auf das Marken- und Kennzeichenrecht spezialisiert. Er steht Ihnen bei Fragen rund um den Einfluss des Brexit auf unionsweite Schutzrechte gerne zur Verfügung.