Viele Menschen treffen ihre Entscheidung für oder gegen eine Ware bzw. Dienstleistung auf Basis von Empfehlungen. Hierzu dienen vor allem auch Bewertungsforen im Internet. Diese treten nahezu für alle Marktsegmente in Erscheinung. Ihre Geschäftsmodelle unterscheiden sich dabei aber teilweise erheblich.
Eine Vielzahl der Foren ist einschränkungslos zugänglich. Daher können dort erfolgende Bewertungen, Kommentare, Einrücke etc. auch von der breiten Öffentlichkeit gelesen werden. Gleichzeitig ist es dort dann auch faktisch für jedermann möglich, Waren bzw. Dienstleistungen sowie ihre Anbieter zu loben. Oder sie (mitunter erheblich) zu kritisieren. Nicht alles, was dabei geäußert wird, entspricht allerdings der Wahrheit. Dies zwingt insbesondere von Negativbewertungen Betroffene häufig dazu, sich hiergegen zur Wehr zu setzen. Denn kritische Anmerkungen auf Internetforen können erhebliche Folgen nach sich ziehen. Sie reichen in Extremfällen bis hin zur Existenzgefährdung oder sogar ihrer Vernichtung.
Die Rechtsprechung hat sich daher immer wieder mit Inhalten derartiger Foren zu befassen. Vielfach geht es dabei um unwahre Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik oder gar Formalbeleidigungen. Derartige Aussagen werden natürlich untersagt. Differenzierter beurteilen die Gerichte demgegenüber negative Meinungsäußerungen. Dies findet seinen Hintergrund im Recht auf freie Meinungsäußerung. Vereinfacht gesagt unterbindet die Rechtsprechung derartige Inhalte, wenn sie auf Basis schiefer bzw. unwahrer Tatsachenbehauptungen geäußert werden oder einen unzutreffenden Tatsachenkern aufweisen. Denn dann tritt vielfach nach einer entsprechenden Interessenabwägung das Recht auf freie Meinungsäußerung hinter den Belangen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen zurück.
In seinen beiden Urteilen vom 14. November 2019 zu den Aktenzeichen 15 U 89/19 und 15 U 126/19 hat das OLG Köln nun eine weitere Variante in der Auseinandersetzung zwischen Forenbetreibern und dort Bewerteten beurteilt. Das fragliche Forum hat auf ihm Bewerteten gegen Entgelt die Möglichkeit eröffnet, ihr (vielfach von einem Dritten ohne Einwilligung angelegtes) „Eigenprofil“ erheblich aufzuwerten. Diese Option kann Konkurrenten der entsprechend agierenden Bewerteten in eine durchaus relevante „Druckposition“ bringen. Ein entsprechend „aufgewertetes Eigenprofil“ mag nämlich eine besondere Qualität und Marktstellung seines Inhabers widerspiegeln. In der konkret zu beurteilenden Situation ist hinzugetreten, dass die (kostenpflichtig) aufgewerteten Profile u.a. eigenständig haben ausgestaltet werden können. Während auf den „kostenlosen“ Profilen Artikel von dritten „Expertenratgebern“ erschienen sind, haben die gegen Entgelt aufgewerteten Profile derartiges nicht angezeigt.
Dem insbesondere auf Löschung ihrer Profile, Löschung ihrer personenbezogenen Daten und Unterlassung der Einblendung von „Expertenratgebern“ gerichteten Klagebegehren Betroffener ist das OLG Köln in den vorgenannten Entscheidungen weitgehend gefolgt. Dabei hat es angenommen, dass ein Portalbetreiber, der Mitgliedern seines Forums gegen Entgelt verdeckt Vorteile verschafft, die Eigenschaft eines „neutralen Informationsmittlers“ verlieren könne. Da die von den Bewertungen auf dem Forum Betroffenen in die dortige Darstellung ihrer Daten nicht eingewilligt hatten, sei ihre Nutzung und Verbreitung rechtswidrig.
Die beiden Urteile bieten weitergehenden Ansatz für Rechtsschutz gegen unerwünschte Bewertungen. Wenn und soweit Unternehmen auf gerade auch mit kommerziellen Zwecken betriebenen Bewertungsforen unter Angabe ihrer Daten ohne ihre Einwilligung bewertet werden und dort gegen Entgelt verdeckte Vorteile zu generieren sind, kann eine entsprechende Beanstandung in Betracht gezogen werden.
Henrik Steffen Becker, Rechtsanwalt, Partner, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
RITTERSHAUS Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB