Am 14. Januar 2019 ist das neue Markenrecht in Deutschland in Kraft getreten. Neben zahlreichen Klarstellungen finden sich im Gesetz Neuerungen, die zur Angleichung an die europäischen Regelungen beitragen und die Digitalisierung der Marke vorantreiben.
1. Eine der wesentlichen Änderungen im Rahmen des Anmeldeverfahrens einer Marke ist der Verzicht auf deren grafische Darstellbarkeit. Im Gesetz heißt es nun nur noch, das Zeichen müsse geeignet sein, im Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können. Durch diese Änderung soll der Weg zur Eintragung unkonventioneller Marken wie Klang-, Bewegungs- oder Multimediamarken erleichtert werden. Auch exotische Marken wie Licht- oder Wassermarken sollen möglich sein. Problematisch ist jedoch nach wie vor die Anmeldung einer Geruchsmarke – eine Möglichkeit zur Darstellung im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) besteht bislang nicht. Bevor die Nutzung eines Zeichens aufgenommen wird, ist freilich –-nach wie vor – eine Recherche nach identischen oder ähnlichen Zeichen sinnvoll. Bei unkonventionellen Marken soll dies dadurch sichergestellt sein, dass die Marken mit vom DPMA ausgewählten Suchschlagwörtern hinterlegt werden.
Bislang wurden die neuen Möglichkeiten des Markengesetzes allerdings offenbar noch nicht genutzt: Seit Geltung des neuen Gesetzes wurde nach jüngsten Angaben des DPMA keine einzige unkonventionelle Marke angemeldet.
2. Eine Errungenschaft ist das Recht des Markeninhabers, die Durchfuhr markenrechtsverletzender, ohne die Zustimmung des Markeninhabers gekennzeichneter Produkte durch die Bundesrepublik Deutschland, verbieten zu lassen.
Der Markeninhaber wird zunächst in die Lage versetzt, die Waren im Wege der Grenzbeschlagnahme anzuhalten, wobei nur Waren erfasst werden, die ein mit der Marke identisches oder kaum von dieser unterscheidbares Zeichen tragen. Das Verbotsrecht ist damit auf offensichtliche Markenrechtsverletzungen beschränkt und gilt insbesondere für die in Drittländern rechtmäßig hergestellte, in Deutschland jedoch nicht-erschöpfte Originalware nicht. Dem angeblichen Rechtsverletzer steht die Möglichkeit offen, den Nachweis zu erbringen, dass es sich um Waren handelt, die für ein Drittland bestimmt sind und dort rechtmäßig auf den Markt gebracht werden können. Damit trägt er nunmehr die Beweislast. Mit der Regelung soll vor allem der Produktpiraterie begegnet werden.
3. Auch das markenrechtliche Widerspruchsverfahren erfährt Neuerungen.
Die bislang im deutschen Recht geltende „wandernde“ Benutzungsschonfrist entfällt. Nunmehr muss der Inhaber einer älteren Marke im Rahmen eines laufenden Verfahrens bei Erhebung der Nichtbenutzungseinrede nicht mehr nachweisen, dass die Marke fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch rechtserhaltend genutzt wurde. Der Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung ist „nur“ innerhalb von fünf Jahren bis zum Anmelde- oder Prioritätstag der jüngeren Marke zu erbringen. Im Übrigen bleibt trotz der Formulierung „nachzuweisen“ die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen zulässig, die im Rahmen des Nachweises der rechtserhaltenden Benutzung ein effizientes Mittel sind.
Neu eingeführt wurde die aus dem europäischen Recht bekannte Cooling-Off-Periode nach der Einlegung des Widerspruchs. Den am Widerspruchsverfahren beteiligten Parteien wird eine Frist von zwei Monaten eingeräumt, um eine gütliche Einigung zu ermöglichen. Gefordert wird ein beiderseitiger Antrag.
Die Einführung neuer Vorschriften zum Anlass nehmend hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Kostenregelungen für das Widerspruchsverfahren neu gestaltet: Die Gebühr für die Einlegung des Widerspruchs gestützt auf ein Zeichen beträgt nunmehr EUR 250,00 und erhöht sich für jedes weitere Widerspruchszeichen um jeweils EUR 50,00. Bislang war für jedes Widerspruchszeichen eine Gebühr in Höhe von EUR 120,00 zu entrichten.
Die relevanteste Änderung dürfte in der Einführung eines amtlichen Verfalls- und Nichtigkeitsverfahrens zu sehen sein. Bislang war die Geltendmachung absoluter Schutzhindernisse wie der fehlenden Unterscheidungskraft oder des beschreibenden Charakters der eingetragenen Marke vor dem Amt möglich. Zukünftig können auch relative Nichtigkeitsgründe wie etwa ein identisches oder ähnliches älteres Zeichen sowie der Verfall der Marke aufgrund Nichtbenutzung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemacht werden. Neben den in Bezug auf Verfall und relativen Nichtigkeitsgründen möglichen Klageverfahren vor Gerichten entsteht somit ein Alternativweg. Mit der Einführung des amtlichen Verfahrens sollen die Verfahrensdauer beschleunigt und die Verfahrenskosten reduziert werden. Durch den Antrag auf Erklärung des Verfalls wird ferner das Problem entschärft, dass in einem laufenden Widerspruchsverfahren die Benutzung der Marke nicht mehr mit der „wandernden“ Benutzungsschonfrist bis zur Entscheidung über den Widerspruch nachzuweisen ist. Aufgrund des mit der Einführung der amtlichen Verfahren verbundenen notwendigen Mehraufwands treten die Bestimmungen bedauerlicher Weise erst am 1. Mai 2020 in Kraft.
4. Neben der Einführung der bereits im Unionsmarkenrecht bekannten Gewährleistungsmarke auch in Deutschland, die nicht die Herkunft, sondern die Qualität der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen garantieren soll, steht Markeninhabern künftig die Möglichkeit offen, die an den Marken erteilten Lizenzen in das Register einzutragen und durch einen Vermerk eine unverbindliche Veräußerungs- oder Lizenzierungsbereitschaft im Register zu vermerken. Dies ist bereits im Patent- und Designrecht bekannt und soll den Handel mit den Marken anregen.
5. Insgesamt wurden die bisher geltenden Regelungen weitestgehend an die europäischen Vorschriften angeglichen und sind in der Praxis zu begrüßen.
Insbesondere die Einführung des amtlichen Verfalls- und Nichtigkeitsverfahrens, das jedenfalls zur Reduzierung der Kosten beitragen wird, wird die Rechtsverfolgung erleichtern. Ob die unkonventionellen Marken einen Aufschwung erleben werden, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird Privatpersonen als auch Unternehmen mehr Kreativität und Mut im Auftritt am Markt ermöglicht.
Zur Autorin:
Rechtsanwältin Evelina Levenson ist Mitglied der Praxisgruppe IP/IT und auf das Marken- und Kennzeichenrecht spezialisiert. Sie steht Ihnen bei Fragen rund um die Neuerungen im deutschen Markenrecht gerne zur Verfügung.