Nach langem „Hin und Her“ ist es nun endlich so weit: Das Hinweisgeberschutzgesetz wird am 02. Juli 2023 in Kraft treten.
Was ist das „Hinweisgeberschutzgesetz“?
Das Hinweisgeberschutzgesetz soll dem Schutz hinweisgebender Personen im Arbeitsverhältnis dienen. Ziel des Gesetzes ist es, dass Whistleblower, die einen berechtigten Beitrag zur Aufdeckung von betrieblichen Missständen leisten, vor Repressalien im Arbeitsverhältnis geschützt werden.
Die wichtigsten Kernpunkte des Hinweisgeberschutzgesetzes hatten wir bereits in unserem Blogbeitrag vom 07. September 2022 (7. September 2022: „Jeder liebt den Verrat, doch keiner liebt den Verräter“ – Was das neue „Hinweisgeberschutzgesetz“ für Arbeitgeber bedeutet – Blogbeitrag von Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Tödtmann und Rechtsanwältin Sarah Kaufmann – Rittershaus Blog) zusammengefasst.
Welche Inhalte hat das Whistleblower-Gesetz?
Nachdem der Entwurf in der Zwischenzeit nochmals überarbeitet wurde (finaler Stand einsehbar unter (Bundesgesetzblatt Teil I – Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden – Bundesgesetzblatt), fassen wir nachfolgend die Kernpunkte des neuen Gesetzes sowie die sich daraus ergebenden Pflichten für Arbeitgeber zusammen:
- Einrichtung von Meldestellen
Arbeitgeber mit mindestens 50 Beschäftigten sind zukünftig verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten, an die sich Whistleblower zur Meldung innerbetrieblicher Verstöße wenden können.
Doch wie richten Arbeitgeber eine solche Meldestelle ein? Das Gesetz sieht vor, dass ein einzelner Mitarbeiter, eine Arbeitseinheit oder ein externer Dritter mit dieser Aufgabe betraut werden kann. Anbieten könnten sich z.B. Compliance Beauftragte, Justitiare oder Datenschutzbeauftragte. Wichtig ist selbstverständlich, dass die Meldestellen mit den Daten des Hinweisgebers streng vertraulich umgehen; dies entsprechend zu schulen und zu überwachen, ist Aufgabe des Arbeitgebers.
Eine der Neuerungen, die sich während des Gesetzgebungsverfahrens ergeben hat, ist, dass die Meldestellen die Abgabe anonymer Meldungen nicht mehr ermöglichen müssen. Laut dem Willen des Gesetzgebers „sollen“ zwar anonyme Meldungen trotzdem bearbeitet werden, eine Pflicht des Arbeitgebers hierzu besteht jedoch nicht.
Arbeitgeber müssen zudem für ihre Beschäftigten „klare und leicht zugängliche Informationen“ über das interne Meldeverfahren bereitstellen, z.B. durch Veröffentlichung im Intranet.
Das Verfahren und die Pflichten der internen Meldestelle bei Eingang einer Meldung sind in den §§ 17, 18 Hinweisgeberschutzgesetz geregelt. Kurz zusammengefasst muss die Meldestelle zunächst den Eingang der Meldung bestätigen und anschließend die Stichhaltigkeit der Meldung überprüfen. Anschließend werden sog. „Folgemaßnahmen“ eingeleitet – dies können weitere interne Untersuchungen sein, der Abschluss des Verfahrens aus Mangel an Beweisen oder auch die Abgabe des Verfahrens an eine interne Arbeitseinheit (z.B. Compliance-Abteilung) oder auch an die zuständige Behörde (z.B. Staatsanwaltschaft).
- Schutz des Hinweisgebers
Zentrale Aussage des Hinweisgeberschutzgesetzes ist es, dass Whistleblower vor sämtlichen Repressalien im Arbeitsverhältnis geschützt sind, wenn sie hinreichenden Grund zu der Annahme hatten, dass ihre Informationen wahr sind. Der bewusst weit gefasste Begriff der Repressalie erfasst – kurz gesagt – alle für den Hinweisgeber beruflich nachteiligen Handlungen, die eine Reaktion auf seine Meldung oder Offenlegung darstellen dürften (z.B. Abmahnung, Kündigung, Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags etc.).
Sehr relevant ist auch, dass – wenn Whistleblower im Rahmen eines gerichtlichen Prozesses vortragen, die berufliche Benachteiligung, die sie erlitten haben, beruhe auf der Meldung oder der Offenlegung – Arbeitgeber dann ihrerseits beweisen müssen, dass die Benachteiligung gerade nicht auf der Meldung oder der Offenlegung beruhte (sog. Beweislastumkehr). Dies dürfte in den wenigsten Fällen gelingen, sodass es Arbeitnehmer – insbesondere, wenn die Repressalie in zeitlichem Zusammenhang mit der Offenlegung erfolgt – vor Gericht leicht haben dürften, z.B. gegen eine ausgesprochene Kündigung im Nachgang zu einer Meldung vorzugehen.
- Geldbußen
Das Gesetz sieht zudem empfindliche Geldbußen für Arbeitgeber vor. So können beispielsweise für die Nicht-Einrichtung einer internen Meldestelle ein Ordnungsgeld von bis zu EUR 50.000 verhängt werden. Für die Verhängung einer Geldbuße wegen Nicht-Einrichtens einer internen Meldestelle hat der Gesetzgeber allerdings eine Übergangsfrist bis zum 01. Dezember 2023 eingeräumt.
Arbeitsrechtliche Maßnahmen
Zur Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes im Unternehmen dürften folgende weitere arbeitsrechtliche Themen ins Blickfeld kommen:
- Einführung interner Meldestellen mit Zustimmung des Betriebsrats
- Anpassung des bisherigen Verhaltenskodex mit Zustimmung des Betriebsrats
- Schulungen der Arbeitnehmer zur Vorgehensweise bei internen Meldungen
- Einführung Prämien-System für Hinweisgeber mit Zustimmung des Betriebsrats
Ausblick und Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes
Das Gesetz wird am 02. Juli 2023 in Kraft treten.
Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitenden müssen also bereits ab diesem Zeitpunkt ein Whistleblowing-System eingeführt haben. Unternehmen zwischen 50 – 249 Beschäftigte haben etwas mehr Zeit und müssen interne Meldestellen erst ab dem 17. Dezember 2023 einrichten. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten müssen überhaupt keine internen Meldestellen einführen.
Für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden besteht nunmehr also akuter Handlungsbedarf: Falls es schon ein Whistleblowing-System im Unternehmen gibt, muss überprüft werden, ob dieses den Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes genügt und gegebenenfalls eine Anpassung erfolgen.
Falls es noch kein Whistleblowing-System gibt, muss dessen Einführung schnellstmöglich erfolgen. Bei der Einführung behelfen wir Ihnen gerne mit praxistauglichen Hinweisen.
Bei weiteren Fragen rund um dieses Thema stehen Ihnen Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Tödtmann und Rechtsanwältin Sarah Kaufmann sowie das gesamte Team der Praxisgruppe Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.