Schon seit langem prägen grenzüberschreitende Transaktionen, deren wirtschaftliche Bedeutung stetig wächst, den deutschen M&A-Markt. Übernahmen und Fusionen vollziehen sich mittlerweile vermehrt über Landesgrenzen hinweg. Damit hat zugleich die Frage, wie man bei den jeweils involvierten ausländischen Gesellschaften die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen nachweisen kann, an Bedeutung gewonnen. Der Nachweis der lückenlosen Vertretungskette kann zuweilen zu einem der „leidigsten“ Themen im (unmittelbaren) Vorfeld sowie im Anschluss an einen Cross-Border-Deal werden.
Das Thema ist bei internationalen Transaktionen deshalb so virulent, weil die ausländischen Gesellschaften nicht im deutschen Handelsregister eingetragen sind und ein diesem Register vergleichbares Verzeichnis im Ausland häufig nicht existiert oder aber wesentliche Informationen nicht enthält. So liefert beispielsweise der Blick des deutschen Notars in das vom Companies House geführte Handelsregister im Vereinigten Königreich nicht die erforderlichen Informationen zur Identifizierung des General Partner einer Limited Partnership. Die Klärung der Vertretungsverhältnisse ist aber erforderlich, um eine stetige Kette von rechtmäßigen Vertretungen bis zur ausländischen Muttergesellschaft nachzuverfolgen. Nur so kann nachvollzogen werden, ob die beim Signing auftretenden Personen tatsächlich zum Vertragsabschluss legitimiert sind. Dies gilt auch, wenn – wie so oft – für die ausländische Gesellschaft eine deutsche GmbH als Erwerbsvehikel fungiert, da diese regelmäßig nur das Ende einer langen Vertretungskette unter verschiedenen ausländischen Gesellschaften bildet.
Nachweise, die das Vertretungsrecht belegen, beschäftigen deshalb im Vorfeld des Cross-Border-Deals insbesondere die Berater der abschlusswilligen Vertragsparteien. Schwierigkeiten bei der Beschaffung formal und inhaltlich einwandfreier Vertretungsbescheinigungen können für die potentiellen Vertragspartner dabei schnell zum (vermeintlichen) Dealbreaker mutieren. Dennoch wird das Thema häufig bis kurz vor dem Termin des Signings von den Parteien ignoriert bzw. deren anwaltlichen Vertretern unterbewertet und erst dann bemerkt, wenn die entsprechenden Nachweise unmittelbar vor der Vertragsunterschrift bei dem beurkundenden Notar in Deutschland vorzulegen sind. Da es sich für den Notar um ein haftungsanfälliges Thema handelt, wird er den Kaufvertrag nur beurkunden, wenn er von einer „sauberen“ Vertretungskette beim ausländischen Vertragspartner überzeugt ist. Oft führen Versäumnisse der Dealbeteiligten auf diesem Gebiet aufgrund der Komplexität der Rechtslage in internationalen Jurisdiktionen und der Langwierigkeit der Beschaffung der entsprechenden Nachweise gerade durch die Beteiligung von öffentlichen Stellen im Ausland zur Verschiebung des Signing Termins. Auch erscheint das Thema den Beteiligten aufgrund zahlreicher, vermeintlich bedeutenderer Streitpunkte als vernachlässigbar.
Verzögerungen ließen sich jedoch verhindern, indem bereits frühzeitig einer der beiden gängigen Wege zum Vertretungsnachweis gewählt und stringent weiterverfolgt wird. So besteht zum einen die Möglichkeit, die Vertretungskette durch eine sogenannte „Legal Opinion“ einer in der jeweiligen ausländischen Jurisdiktion ansässigen Anwaltskanzlei glaubhaft zu machen. Hierbei versichert die beauftragte Anwaltskanzlei die Legitimität der Vertretungskette. Der Aussteller der „Legal Opinion“ verschafft sich durch einen Blick in ein eventuell vorhandenes ausländisches Register oder durch Inaugenscheinnahme der offiziellen Gründungsdokumente der ausländischen Gesellschaft einen Eindruck von den Vertretungsverhältnissen. Auch in diesem Fall kann jedoch nicht garantiert werden, dass das Handelsregister die Legal Opinion anerkennt. In Abhängigkeit des jeweiligen Landes kann auch ein Gutachten des deutschen Notarinstituts oder Max-Planck-Instituts erforderlich werden, um die relevanten Vertretungsbefugnisse und andere registerrechtliche Umstände zu ermitteln und zu belegen. Lediglich die in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien und Österreich ausgestellten notariellen Urkunden besitzen in Deutschland die unmittelbare Vermutung der Echtheit, so dass sie ohne weiteres als Beweis im Inland verwendet werden können.
Der zweite mögliche Weg die Vertretungsberechtigung nachzuweisen, besteht darin, die offiziellen Urkunden – notfalls in Eigenregie vor Ort im Ausland – zu besorgen. Hierbei sollte stets sichergestellt werden, dass die Vertretungskette weitest möglich zurückverfolgt wird. Zudem muss penibel auf die korrekte Unterzeichnung und Datierung der entsprechenden Vertretungsnachweise geachtet werden; auch sollten diese Dokumente wiederum nicht zu alt sein, da sich die Rechtslage bis zum Signing erheblich geändert haben kann; hierbei gilt als Faustregel, dass vor mehr als sechs Wochen eingeholte Vertretungsnachweise zumindest vom Notar nicht mehr akzeptiert werden. Weiterhin muss die Echtheit der entsprechenden Unterschriften durch einen ausländischen Notar beglaubigt werden. Schließlich sind die Nachweise durch den ausländischen Notar oder ggf. eine andere öffentliche ausländische Stelle für den Gebrauch in Deutschland zu legalisieren oder aber mit einer Apostille zu versehen. Ob eine Legalisation, der z.B. in den Vereinigten Arabischen Emiraten gar einer Prä-Legalisation vorausgeht, oder eine Apostille erforderlich ist, hängt von der ausländischen Jurisdiktion ab. Das deutsche Notarinstitut hat eine Liste erstellt, die Apostillen- und Legalisationsstaaten benennt.
Die beiden soeben geschilderten Vorgehensweisen können dabei je nach Jurisdiktion mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Nicht vergessen werden darf dabei, dass sämtliche Dokumente und Beglaubigungsvermerke noch durch einen vereidigten Übersetzer zur Vorlage beim Notar oder beim deutschen Registergericht ins Deutsche zu übersetzen sind; die deutsche Übersetzung ist dann ebenfalls zu beglaubigen und dann gegebenenfalls mit einer Apostille oder Legalisation zu versehen. Wenn der Nachweis der Vertretung gewissenhaft und weitestgehend zurückverfolgt wurde, wird auch keine Friktion bei dem letzten registerrechtlichen Schritt der Transaktion – der Eintragung der geänderten gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ins deutsche Handelsregister – entstehen.
Erfahrungen der Verfasser in der Transaktionspraxis haben gezeigt, dass gerade kleine, nicht sonderlich international versierte Amtsgerichte die Vertretungskette noch um mindestens ein weiteres Glied zurückverfolgen wollen, um z.B. die Befugnis des Company Secretary zur Bestätigung der Vertretungsbefugnis bei der britischen Limited Partnership durch Vorlage der Satzungsdokumente zu verifizieren. Hier zahlt es sich aus, wenn bereits im Vorfeld des Signings sämtliche Dokumente in der oben geschilderten Art und Weise beschafft wurden, um eine ärgerliche Verzögerung der registergerichtlichen Eintragung zu vermeiden, auch wenn dies mit Zusatzkosten der Beteiligten im Vorfeld verbunden ist.
Bei allen Fragen rund um grenzüberschreitende M&A-Transaktionen stehen Ihnen Rechtsanwalt Benjamin Rothmund unter benjamin.rothmund@rittershaus.net und Rechtsanwalt Sebastian Koch LL.M. unter sebastian.koch@rittershaus.net jederzeit zur Verfügung.