Neben „klassischer Werbung“ können auch unter bestimmten Umständen sonstige geschäftliche Handlungen von Unternehmen vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss den Restriktionen des Werberechts (UWG) unterliegen. Hierzu zählen vor allem kommerzielle Mitteilungen – unter diesen Begriff fallen nahezu alle Formen der Unternehmenskommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Absatzförderung in Bezug auf Waren bzw. Dienstleistungen dienen. Erfasst sind hiervon daher auch Kündigungsschreiben, die Vertragsverhältnisse betreffen.
Das UWG verbietet den Einsatz irreführender geschäftlicher Handlungen, die geeignet sind, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. „Klassisch“ sind insoweit unzutreffende oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben. Bei ihnen handelt es sich zunächst um Tatsachenbehauptungen. Diese sind in Bezug auf ihre Richtigkeit inhaltlich nachprüfbar. Für „Meinungsäußerungen“ gilt dies nicht. Sie sind nämlich durch subjektive Elemente geprägt und lassen sich daher nicht entsprechend untersuchen.
Der BGH hat nun in seinem Urteil vom 27. April 2019 zu Aktenzeichen I ZR 93/17 „Prämiensparverträge“ festgestellt, dass das Irreführungsverbot des UWG unter bestimmten Umständen auch Meinungsäußerungen erfasst. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die insoweit maßgebliche Norm der Umsetzung einer EU-Richtlinie dient. Der dort enthaltene Begriff der „Angabe“ umfasse jede täuschende oder zur Täuschung geeignete Geschäftshandlung mit Informationsgehalt. Darunter können auch Äußerungen über die Rechtslage fallen. Dabei kommt es darauf an, wie der angesprochene Adressat die Äußerung versteht.
Im konkreten Fall hat der BGH Äußerungen im Rahmen eines Kündigungsschreibens bewertet. Ihnen hat er keinen irreführenden Gehalt zugeschrieben. Gleichzeitig hat er aber festgehalten, dass eine objektiv falsche rechtliche Auskunft eines Unternehmers, die er auf eine ausdrückliche Nachfrage des Verbrauchers erteilt, geeignet sein kann, den Verkehr in die Irre zu führen und zu beeinflussen. Sie könne den angesprochenen Verbraucher hindern, eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen.
Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen gut beraten, ihre Kommunikation gerade auch in Bezug auf die dort niedergelegte Äußerung von Rechtsansichten so zu gestalten, dass dadurch kein unzutreffender Eindruck bei den angesprochenen Verbrauchern entsteht. Anderenfalls kann es zu einer Beanstandung kommen.
Henrik Steffen Becker, Rechtsanwalt, Partner, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz