Von manchen belächelt, von anderen zahlreich strategisch im Marketing eingesetzt: Personen mit hoher Präsenz und Ansehen in den sozialen Netzwerken, die als Werbeträger zur Produktvermarktung fungieren. Nicht nur das Wirtschaftsleben, sondern auch die Justiz beschäftigen die meist jungen Menschen, die über eine Vielzahl von „Followern“ verfügen und in deren Accounts sich regelmäßig Produkte teils verschiedener Hersteller finden. Aus rechtlicher Sicht ist die Frage relevant, ob und wie die entsprechenden „Posts“ als Werbung gekennzeichnet werden müssen.
Auch wenn sich einzelne Aspekte zwischenzeitlich als „gerichtlich geklärt“ herauskristallisieren, werden zahlreiche grundlegende Fragen bislang nicht einheitlich beantwortet.
Die Pflicht zur Kennzeichnung besteht grundsätzlich zunächst nur bei geschäftlichem Handeln. Ein solches setzt – zumindest nach bisheriger Auffassung der Gerichte – jedoch keine Vergütung für die Bewerbung von Produkten seitens des Herstellers voraus. Nach überwiegender Meinung der Gerichte genügt für eine solche Verpflichtung bereits die Erwartung, mit den Posts geldwerte Vorteile zu ziehen. Jeder einzelne Post eines Influencers soll grundsätzlich objektiv darauf gerichtet sein, die Bekanntheit und damit zugleich den eigenen Verkehrswert zu fördern und erfolgt damit zugunsten des eigenen Unternehmens. Dies gilt nach einer jüngsten Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe auch in Fällen der Platzierung sogenannter „tap tags“, die eine Verlinkung zur Webseite oder Profil des Herstellers des Produkts enthalten und erst nach Anklicken des Bildes sichtbar werden. Nur wenige Monate zuvor befand das Oberlandesgericht München hingegen, die Intention, durch Posts auch Werbeverträge zu akquirieren, führe noch nicht dazu, dass die Posts als geschäftliche Handlungen anzusehen wären.
Der naheliegende Einwand, man wisse um die Tätigkeit von Influencern, weshalb es eines zusätzlichen Werbehinweises nicht bedürfe, verfängt in der Regel nicht. Lediglich vereinzelt wurde Influencern von den Gerichten zugestanden, Beiträge mit Produktdarstellungen und Herstellerhinweisen nicht ausdrücklich als Werbung kennzeichnen zu müssen, wenn für den Verkehr offensichtlich ist, dass es sich um Influencer-Marketing handelt. So soll hierbei unter anderem entscheidend sein, ob es sich um einen Business-Account und eine bekannte Person handelt oder welche Qualität der Auftritt aufweist. Die Offensichtlichkeit wird jedoch keinesfalls eindeutig und einheitlich definiert. Gesichert ist ein Zugeständnis durch die Gerichte aber ohnehin nicht, da bei Influencern – bis auf vereinzelte Ausnahmen – eine Vermengung zwischen privaten Lebensumständen und von Drittinteressen beeinflussten Kommunikationselementen zu beobachten ist, die Verbrauchern und insbesondere jüngeren Nutzern nicht ohne weiteres erlaubt, den kommerziellen Zweck sofort und ohne weiteres zu erkennen.
Klarheit kann – wie üblich – lediglich eine höchstrichterliche Entscheidung oder eine Regelung im Gesetz schaffen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Man hofft, dass hiervon Gebrauch gemacht wurde. Zudem soll der am 4. November 2020 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht Abhilfe schaffen. Vorgesehen ist eine Regelung, nach der bei einer Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens der kommerzielle Zweck dann anzunehmen sein soll, wenn für die Handlung ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von dem beworbenen Unternehmen gezahlt wird. Es bleibt abzuwarten, ob der Referentenentwurf in dieser Form zum Gesetz wird und tatsächlich eine Abgrenzung von privater Meinungsäußerung und kommerzieller Kommunikation ermöglicht. Bis dahin ist bei der Gestaltung dieser Art der Werbung in rechtlicher Hinsicht jedenfalls Vorsicht geboten ist.
Geklärt dürfte zumindest sein, dass die Kennzeichnung mit Hashtags wie „#ad“, „#sponsored by“ oder „#poweredby“ als Werbehinweis unzureichend ist. Auf der sicheren Seite ist der Influencer daher nur, wenn der Hinweis „Werbung“ oder „Anzeige“ zu Beginn des Posts deutlich lesbar und sofort erkennbar aufgeführt wird.
Doch nicht nur Influencer sind gut beraten, bei der Gestaltung ihrer Posts die Kennzeichnungspflichten im Blick zu behalten, sondern auch Unternehmen, die vertragliche Vereinbarungen mit Influencern zur Bewerbung ihrer Produkte eingehen. Unter dem Gesichtspunkt der Mittäterschaft oder mittelbarer Täterschaft kann sich nämlich auch eine Haftung des Unternehmens (Herstellers) ergeben. Die entsprechenden Verträge sollten daher Regelungen mit Pflichten zur Kennzeichnung der Posts durch den Influencer enthalten – flankiert freilich mit einer Freistellung im Falle der Verletzung dieser Pflichten.
Evelina Levenson ist auf die Beratung rund um den Einsatz von Werbemaßnahmen spezialisiert. Sie steht Ihnen bei Fragen zum Influencer-Marketing gerne zur Verfügung